Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 173

Der zweite Grund: Wir reden immer davon, daß der Bürger und die Bürgerin nicht Untertanen sein sollen, sondern daß ein partnerschaftliches Verhältnis entwickelt werden soll. Was ist das für ein partnerschaftliches Verhältnis, wenn Kollegin Fekter sagt: "Es ist einem Polizisten nach einer Wirtshausrauferei der Handschlag mit dem Täter nicht zumutbar!"? Was heißt das: Ich darf schon, aber der Polizist nicht? Dem ist es nicht zumutbar? Was ist das für eine autoritatives Denken? Was ist das für eine Wertigkeit, die man damit zum Ausdruck bringt?

Der Justizminister sagt auch noch, er werde dafür Sorge tragen, daß es da nie zum außergerichtlichen Tatausgleich kommt. Darin besteht meine tiefe Enttäuschung über die SPÖ und über den Justizminister. (Abg. Mag. Kukacka: Das werden die zwei aushalten!) Das muß ich hier so sagen, weil ich glaube, daß wir damit eine große Chance vertun. (Abg. Dr. Graf: Die Wirtshausraufer muß man nicht schützen in Österreich!)

Noch etwas kommt nämlich hinzu. Das Sicherheitsorgan darf also dem Täter oder der Täterin keine Chance geben. Wenn man im Ausschuß war und gehört hat, wie die Experten darüber geredet haben, dann weiß man, daß auch einer von der Bewährungshilfe – ein Fachmann, ein Experte – von einem Beispiel erzählt hat, wie negativ sich das auswirkt, wenn eine Gruppe untereinander eine Wirtshausrauferei hat, dann aber der außergerichtliche Tatausgleich nicht stattfinden darf, sie sich daher künftig aus dem Weg gehen und der Akt der Versöhnung, der in einer solchen Sache sehr sinnvoll wäre, um dem anderen auch auf diese Weise das Unrechtsbewußtsein vor Augen zu führen – das ist nämlich auch Sinn der Diversion –, gar nicht stattfinden darf. Sie nehmen auf diese Weise nicht nur dem Täter die Chance, ein künftiges Wohlverhalten für ihn zu erleichtern, sondern Sie nehmen damit auch den Opfern die Chance, nämlich der Gesellschaft. Das bedauere ich zutiefst.

Das ändert nichts daran, daß wir diesem Gesetz selbstverständlich unsere Zustimmung geben werden, weil ich es für einen ganz wesentlichen Schritt halte. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

20.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Graf – in Richtung der Abg. Dr. Schmidt –: Da sind Sie Kontrarednerin, und dann stimmen Sie zu! – Abg. Dr. Jarolim – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, ich bin überzeugt, Ihnen werden noch ein paar originelle Sachen einfallen!)

20.50

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man – vor allem dann, wenn man die Ausschußverhandlungen verfolgt hat und dem, was dort gesprochen wurde, gelauscht hat – wirklich sagen muß, daß es sich da um einen Quantensprung in der Justizpolitik handelt.

Wenn man das nicht wahrhaben will und hier entsprechende Debattenbeiträge liefert, dann muß ich sagen – wobei ich bemerken möchte, daß ich das von Herrn Kollegen Ofner dazu Gesagte nicht ganz verstanden habe; ich werde dann kurz darauf eingehen (Abg. Dr. Ofner: Ich werde es Ihnen erklären, Herr Kollege!) –, daß das einfach ein Nicht-verstehen-Wollen sein muß. (Abg. Dr. Ofner: Vielleicht habe ich mich einfach damit befaßt, einige Jahre!) Ja, Herr Kollege, gerade deshalb ist es erstaunlich. – Ich gehe vielleicht besser gleich zu Beginn darauf ein.

Sie haben hier mehrfach den außergerichtlichen Tatausgleich zitiert, nämlich Bezug genommen auf den außergerichtlichen Tatausgleich, und haben Bestimmungen zu den gemeinnützigen Leistungen zitiert, in denen steht: "soweit dies möglich und zweckmäßig ist". Sie haben zum ATA aus § 90d Abs. 3 zitiert, daß der entstandene Schaden gutzumachen ist, wenn möglich und zweckmäßig.

Der Text, den Sie dazu vorgelesen haben, ist in den Bestimmungen über die gemeinnützige Leistung und über die Zahlung eines Geldbetrages enthalten. Beim Geldbetrag ist es, bitte, so, daß der Geldbetrag an den Staat zu bezahlen ist und daher der Staat zu prüfen hat, ob es möglich oder zweckmäßig ist, daß er – der Staat nämlich – einen Geldbetrag bekommt.


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