Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 172

dem genau diese Punkte diskutiert wurden. Aber das tut jetzt eigentlich nichts zur Sache. Ich positioniere hier die Sicht der Liberalen und habe gar nicht die Absicht, mich jetzt noch damit auseinanderzusetzen, was aus der rechten und rechtesten Ecke kommt. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn ich also hier sage, daß uns die Absteckung des Anwendungsbereiches zu eng zu sein scheint, so glaube ich, dafür gute Argumente zu haben.

Der zweite Punkt, der mich stört, ist, daß das Delikt "Widerstand gegen die Staatsgewalt" ausgenommen ist. Als ich in der Früh zum Ausschuß fuhr, habe ich in der Zeitung eine Meinungsäußerung von Frau Abgeordneter Fekter lesen können. Sie meint, daß Delikte, die zu einer Untergrabung der Autorität von Exekutivbeamten führen, vom außergerichtlichen Tatausgleich ausgenommen werden müßten. Sie meint nämlich folgendes – man höre und staune! –: Einem Polizisten ist etwa nach einer Wirtshausrauferei der Handschlag mit dem Täter nicht zumutbar. Dies ist ausdrücklich zu verankern.

Daß das die Auffassung der Abgeordneten Fekter und der ÖVP ist, wundert mich nicht, was mich hingegen wundert, ist, daß die SPÖ als Koalitionspartner sich hat breitschlagen lassen, diesen Gedanken auch noch in eine Ausschußfeststellung hineinzunehmen. Das schmerzt mich zutiefst (Beifall beim Liberalen Forum), denn daß dahinter autoritatives Denken steht, ist meiner Ansicht nach wohl kaum zu entkräften.

Wenn das Justizministerium in seine Erläuterungen hinsichtlich der Grenzen des außergerichtlichen Tatausgleiches hineingeschrieben hat, daß beim Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt der außergerichtliche Tatausgleich kaum in Betracht kommen wird, so kann ich damit leben. Das ist eine Feststellung derart, daß man sagt: Aufgrund der Erfahrungen, die man gemacht hat, wird das dort wohl kaum Anwendung finden. Soll sein.

Wenn das aber dann der Ausschuß in eine Feststellung hineinschreibt – ich bedauere, Herr Bundesminister, daß das offenbar Ihre Absicht ist –, dann ist das etwas, was mich auch persönlich sehr enttäuscht. (Abg. Dr. Ofner: Das ist eine schreckliche Drohung!) Darin steht – ich zitiere –:

"Der Ausschuß nimmt ferner die Absicht des Bundesministers für Justiz zur Kenntnis, im Zuge der Implementierung des Gesetzes und danach auf geeignete Weise (Einführungserlaß ...) dafür Sorge zu tragen, daß jene Delikte, bei denen der Schutzzweck der Norm nicht in erster Linie persönliche Interessen der betroffenen Person, sondern darüber hinausgehende Interessen umfaßt" – und jetzt kommt es! –, "wie dies typischerweise bei den Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt und des tätlichen Angriffs gegen einen Beamten ... der Fall ist –, grundsätzlich nicht Gegenstand eines außergerichtlichen Tatausgleiches werden."

Das heißt, daß Sie offenbar – wem gegenüber, weiß ich nicht – die Absicht bekundet haben, dafür Sorge zu tragen, daß künftig bei diesen Delikten der außergerichtliche Tatausgleich nicht zur Anwendung kommt. (Abg. Dr. Ofner: Der Szymanski!) Das halte ich für eine grundsätzlich falsche Botschaft, und zwar sowohl für die Bevölkerung als auch für die Sicherheitsorgane. Deswegen bedauere ich, daß sich die SPÖ – und wenn man heute gesehen hat, wie ihr da miteinander arbeitet, dann verstehe ich das schon überhaupt nicht – dafür hat breitschlagen lassen.

Es ist aus meiner Sicht aus zwei Gründen ein falsches justizpolitisches Zeichen: Auf der einen Seite wertet es die Diversion als Instrumentarium an sich ab, denn man sagt: Wenn ein sozusagen höheres Gut betroffen ist – nämlich die Exekutive, das ist ein höheres Gut –, dann gehen wir doch nicht in die Niederungen der Diversion! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Dr. Trinkl.) Das heißt: Die Frau Meier, die Frau Schmidt oder der Herr Müller dürfen sich gerne der Diversion unterziehen (Abg. Jung: Lassen Sie sich anpöbeln?), aber doch kein Sicherheitswacheorgan! Wissen Sie, was das für eine Botschaft über die Wertigkeit der Diversion ist? (Abg. Mag. Kukacka: Schutz des Gewaltmonopols!)


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