Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 171

wird. Das erkennt man, wenn man es sich genau anschaut. Ich nehme jetzt gar nicht die Zahl der Täter und Täterinnen her – und von "Zufriedenheit" spreche ich unter Anführungszeichen –, sondern ich nehme den Prozentsatz jener Opfer her, die in ein Diversionsverfahren einbezogen waren, das heißt, die mit der Diversion konfrontiert wurden – wobei mir das Wort "konfrontieren" da gar nicht gefällt. (Abg. Jung: Den Opfern auch nicht!)

84 Prozent der Opfer sagen, daß es der richtige Weg war. Sie antworten auf die Frage, ob sie – unter Anführungszeichen – "zufrieden" sind, mit Ja. Daher brauche ich jetzt nicht darüber zu reden, wie Täter und Täterinnen darauf reagieren, sondern die betroffenen Opfer sagen es. Davor einfach die Augen zu verschließen, hat in meinen Augen einzig den ideologischen Reflex: Einsperren ist immer noch das Beste! (Abg. Dr. Graf: Ist doch gar nicht wahr!) Wenn man glaubt, daß man mit Einsperren diese Gesellschaft ändert, dann hat man eben eine bestimmte Auffassung davon. Ich glaube, daß sie nicht nur falsch, sondern glücklicherweise auch durch die Realität widerlegt ist. (Abg. Dr. Ofner: Du bist Justizsprecherin der Freiheitlichen gewesen! Ich weiß, was du wirklich denkst!)

Aber ich möchte mich jetzt mit anderen konkreten Dingen auseinandersetzen. Das sind zwei Punkte, in denen ich ebenfalls eine große Differenz zu der Auffassung des Abgeordneten Ofner habe. (Abg. Dr. Graf: Eine ganz eindimensionale Sicht, die Sie haben!) Es geht dabei um den Anwendungsbereich. Während er von diesem Pult aus davon gesprochen hat, daß der Anwendungsbereich viel zu weit ginge, sage ich: Er geht zuwenig weit! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ich sage das aus einem bestimmten Grund. Frau Abgeordnete Fekter hat in diesem Zusammenhang auf etwas Richtiges verwiesen, nämlich darauf, daß die Voraussetzung für die Diversion darin besteht, daß die Schuld des Täters oder der Täterin als nicht zu schwer anzusehen ist. Und wenn es hier ... (Abg. Dr. Ofner: Das ist nicht richtig! Die Kollegin hat "leicht" gesagt!)

"Nicht als schwer anzusehen", so steht es im Gesetz. Du wenigstens wirst das wissen, deine Kollegen wissen es offenbar nicht, denn wenn es einen Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Scheibner gab, in dem er – ich weiß nicht, ob er auf der Rednerliste steht; das wäre schlimm – dann auch noch "Das steht aber nirgends!" ruft, dann hat der gute Mann das Gesetz nicht gelesen, denn sonst hätte er wissen müssen, daß das im § 90a Abs. 2 steht. Dort ist ausdrücklich als Voraussetzung für die Diversion angeführt, daß die Schuld des Täters nicht als schwer anzusehen ist. (Abg. Scheibner: Alles, was die Frau Fekter gesagt hat, steht nicht drinnen! Du solltest einmal gescheit zuhören, bevor du redest!)

Wenn das Voraussetzung ist, dann halte ich es für völlig unnotwendig, daß ein Rahmen gesetzt wird, der den Anwendungsbereich darauf beschränkt, daß die Tat nur vor dem Einzelrichter abgeurteilt werden kann. Jetzt sage ich Ihnen, warum. (Abg. Dr. Graf: Ahnungslosigkeit!) Weil es Taten gibt, die von Schöffen – also in einem Schöffenverfahren – abzuurteilen sind (Abg. Mag. Stadler: Oh, Frau Fekter, hören Sie?), obwohl ich diese Tatbestände durchaus für geeignet hielte, sie der Diversion zugänglich zu machen. Da ist zum Beispiel der Bandendiebstahl. Wieder sage ich dazu: Die Schuld darf nicht als zu schwer angesehen werden. Aber was ist mit dem, was einer allein macht? (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) Warum soll die Diversion nicht auch dann zulässig sein, wenn er es zu zweit oder zu dritt macht? Dann fällt es nämlich unter das Tatbild des Bandendiebstahls.

Oder Brandstiftung – wenn die Schuld nicht als zu schwer einzustufen ist. Oder Veruntreuung – immer dasselbe. Das heißt: Die Voraussetzung "keine schwere Schuld" ist die wesentliche Weichenstellung. (Abg. Dr. Graf: Wie schaut eine leicht verschuldete Brandstiftung aus?) Deswegen halte ich es für völlig unnötig, diesen Rahmen so zu setzen, wie er jetzt in diesem Gesetz gesetzt wurde. (Abg. Dr. Graf: Erklären Sie mir das einmal! Wie schaut eine leicht verschuldete Brandstiftung aus?)

Dazu kommt noch, daß es dann beim Staatsanwalt oder beim Richter liegt, darüber die Entscheidung zu treffen. Das heißt, wir haben ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) Selbstverständlich kann das auch das Gericht, wie wir wissen. (Abg. Dr. Graf: Richter haben da überhaupt keine Kompetenz!) Ich weiß nicht, wozu wir überhaupt einen Ausschuß gehabt haben, in


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite