Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 185

zur Versöhnung nicht bereit ist, dann kommt doch folgendes heraus: daß die Zustimmung zu einem außergerichtlichen Tatausgleich nicht erforderlich ist!

Es gibt eine Vielzahl von Schlupflöchern, die es den Beschuldigten ermöglichen werden, auch in Zukunft keinen Schadenersatz oder nur wenig Schadenersatz zu zahlen. Es ist eine Mär, Frau Kollegin Fekter, die Sie da die Öffentlichkeit glauben machen wollen, nämlich, daß das ein Gesetz zugunsten der Opfer ist. Überhaupt keine Frage! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Was hat er bisher bekommen? Wie war die Stellung bisher?)

Es steht beim außergerichtlichen Tatausgleich sogar drinnen, daß er den Schaden nicht unbedingt gutmachen muß (Abg. Dr. Trinkl: Was hat er bisher bekommen?), sondern es genügt, wenn er sonst zum Ausgleich der Folgen der Tat beiträgt. Einen Beitrag darf er leisten! (Abg. Dr. Fekter: Sie müssen schauen, was er bisher bekommen hat!) Genauso ist es beim Rücktritt von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages: Soweit dies möglich und zweckmäßig ist, darf er einen Geldbetrag binnen sechs Monaten leisten. Genauso ist es beim Rücktritt von der Verfolgung nach gemeinnützigen Leistungen: soweit dies zweckmäßig und möglich ist.

Es ist also eine Mär, mit der man aufräumen muß, daß eine volle Schadenersatzzahlung Voraussetzung für die Anwendung der Diversion ist. Merken Sie sich das, und nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es tritt auch keine wesentliche Änderung ein, meine Damen und Herren, denn schon bisher – das wissen die Praktiker – war der Beschuldigte gut beraten, wenn er eine Schadensgutmachung oder einen Teil davon geleistet hat, denn das war in Wirklichkeit der wesentliche Milderungsgrund. Da ändert sich also in Wahrheit nicht sehr viel. (Abg. Dr. Jarolim: Warum regen Sie sich dann so auf?)

Mit einer weiteren Unrichtigkeit möchte ich auch ... Herr Kollege Jarolim! Dein Argument wird dadurch nicht besser, daß es lautstark vorgetragen wird. Du hast hier auch die Kollegen falsch informiert. Du hast in das Gesetz nicht hineingeschaut, denn sonst könntest du nicht sagen, eine geringe Schuld sei Voraussetzung für die Diversion. Schau hinein! Da steht: wenn "die Schuld des Verdächtigen nicht als schwer anzusehen" ist. Sind wir uns einig, daß das einen Unterschied macht? Ich weiß es nicht. Oder beginnen wir beim Abc für Juristen? Da können wir auch beginnen. Aber daß das einen massiven Unterschied macht, ist wohl klar.

Wenn hier alle sagen, daß die Experten einstimmig der Meinung gewesen wären, das sei das Gelbe vom Ei, so muß ich sagen: Das ist nicht richtig! Kollege Ofner hat bereits darauf hingewiesen. (Abg. Dr. Jarolim: Ofner war dagegen! Die Experten waren alle dafür!) Es ist nicht richtig, weil die Rollenverteilung mit Recht kritisiert wurde. Bisher war es noch immer Aufgabe der unabhängigen Justiz, zu entscheiden, ob beispielsweise mangelnde Strafwürdigkeit der Tat zugunsten des Beschuldigten anzuwenden war. Jetzt entscheidet der Staatsanwalt, und der Staatsanwalt ist weisungsgebunden. (Abg. Dr. Jarolim: Was ist das für eine Wertung?)

Herr Bundesminister! Ich möchte jetzt gleich zum Thema Weisungsgebundenheit überleiten, weil Sie mich gestern so harsch kritisiert haben, da ich mir die Aussage erlaubte, daß das Weisungsrecht unterschiedlich angewendet wird, je nachdem, um welchen Beschuldigten es sich handelt. Das ist überhaupt keine Frage. Wenn Sie schon mir nicht glauben, dann glauben Sie bitte dem früheren Präsidenten der Richtervereinigung, Herrn Woratsch. Er sagt: "Wir haben in Europa wahrscheinlich die abhängigsten Staatsanwälte." Und er sagt wortwörtlich – das ist jetzt nicht von der Opposition –: "Sie stehen unter der Fuchtel des Ministers." (Abg. Mag. Stadler: So ist es!)

Ich habe Ihnen gestern ein paar Beispiele genannt. Wenn es um sozialdemokratische Politiker wie Herrn Hatzl geht, der der SPÖ etwas, was nach Auskunft des Rechnungshofes 100 000 S im Monat kosten würde, um 4 000 S vermietet, dann ist das keine Untreue und kein Amtsmißbrauch, und das Verfahren wird eingestellt! Auch wenn es der Staatsanwalt weiterverfolgen will, stellt es der Oberstaatsanwalt ein, und der Minister sagt: Das nehme ich zur Kenntnis!


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