Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 191

Das ist insofern bedauerlich, als man natürlich hehre Hintergedanken hat, wenn man an eine derartige Regelung denkt. Und wenn immer wieder der Vergleich mit dem Jugendbereich gezogen wird, wo es derartige Anwendungsfälle gibt, dann muß ich sagen, da werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Man hat sich in der Jugendgerichtsbarkeit bewußt von der Erwachsenengerichtsbarkeit unterscheiden und dort bewußt diese Instrumente wählen wollen. Auch wir Freiheitlichen hätten uns im Fahrlässigkeitsbereich und bei einer geringeren Höchststrafendrohung einer solchen Regelung nicht verschlossen. Da wären wir durchaus gesprächsbereit gewesen. Es gab aber – und das kennzeichnet das Klima im derzeitigen Justizausschuß – nicht einmal mehr eine Gesprächsbereitschaft. Die Fakten sind auf dem Tisch gelegen, und man hat sich einfach mit der Mehrheit durchgesetzt, ohne konkrete und sachliche Argumente wahrzunehmen.

Wenn man sich die konkreten Fälle ansieht, dann muß man sich schon klar darüber werden, was man heute beschließt. So wird heute unter anderem auch – und das ist an die Adresse der ÖVP gerichtet, denn ich glaube nicht, daß Sie das wirklich wollen; daß das die linke Seite dieses Hauses möchte, das wissen wir ja schon seit vielen Jahren – eine Entkriminalisierung des § 209 StGB beschlossen und damit die gleichgeschlechtliche Unzucht mit Personen unter 18 Jahren quasi straffrei gemacht. Was sagen Sie dazu, Frau Kollegin? (Abg. Dr. Fekter: Geldbuße, beispielsweise! Geldbuße!)

Dort treffen alle Tatbestandsmerkmale nach unseren linken Sozialromantikern zu, das Verschulden wird dort immer gering oder nicht schwer sein – daran habe ich keine Zweifel (Abg. Dr. Fekter: Na, was bekommt er denn jetzt?) –, und der Versöhnungscharakter wird im Vordergrund stehen. Wie wird denn das aussehen? (Abg. Dr. Fekter: Und jetzt?) Wie wird denn eine Versöhnung in diesem Deliktstypus ausschauen? Wird es dann heißen: Bussi und Versöhnung? (Weitere Zwischenrufe der Abg. Dr. Fekter.)

Das wollen Sie tatsächlich erreichen? – Das kann es doch gar nicht geben! Gerade dort muß man all das verhindern (Beifall bei den Freiheitlichen), wenn man diese gesellschaftspolitische Veränderung in unserem Land nicht will.

Ich nehme zur Kenntnis, daß die ÖVP diesbezüglich einen Sinneswandel vollzogen hat und nunmehr auch dafür ist, daß es bei Delikten, die unter den § 209 fallen, für die Täter Straffreiheit geben soll. (Abg. Dr. Fekter: So ein Unsinn! Wir ändern doch das Strafgesetz wegen dem § 209 nicht!)

Wie soll denn in diesem Bereich ein außergerichtlicher Tatausgleich zwischen Täter und Opfer funktionieren? Das werden Sie erklären müssen! (Abg. Dr. Fekter: Gemeinnützige Arbeit! Probezeit! Geldbuße! Lesen Sie das Gesetz!) Und es wird sehr wohl auch – und da irrt Kollege Kukacka, der anscheinend permanent irgendwelchen Falschmeldungen aufgesessen ist – einen festgeschriebenen Rechtsanspruch für diesen außergerichtlichen Tatausgleich geben. (Abg. Mag. Kukacka: Unter bestimmten Voraussetzungen! Nur unter bestimmten Voraussetzungen!)

Der Staatsanwalt hat nur in geringen Ausnahmefällen – etwa bei Todesfall oder anderen "Kleinigkeiten", die ausdrücklich ausgenommen sind – die Möglichkeit, einzuschreiten, aber es gibt ein Rechtsmittel dagegen, und dieses Rechtsmittel verdeutlicht diesen Rechtsanspruch noch umso mehr! Und das beschließen Sie heute hier alles mit!

Herr Minister! Mit dieser Novelle wird auch – es mag vielleicht nicht sehr opportun sein, das in diesem Haus zu sagen, aber ich habe es gestern schon gesagt – ein weiterer Schritt gesetzt, um gleichzeitig auch die Aushöhlung des freien Rechtsberufes mit zu bewirken. (Abg. Mag. Stadler: Bis auf die Notare, aber die kommen schon noch!)

Herr Minister! Sie schütteln zwar den Kopf, aber Sie setzen künftig den "Konfliktlöser" ein. Das ist eine neue Qualität. (Abg. Mag. Stadler: "Legalisatoren" statt "Notare"!) Nicht Rechtsanwälte, sondern Vertrauenspersonen können künftig hinzugezogen werden. Sie wehren sich dagegen, daß man den Rechtsanwalt festschreibt. Aber nur der Rechtsanwalt kann letztlich wirklich


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