Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 94

selber machen können. Dann gliedern Sie nur mehr aus, um die politische Kontrolle in der Stadt Wien aus dem Stadtwerkekonstrukt herauszunehmen! Denn dann ist das eine Gesellschaft, die nicht mehr kontrolliert werden kann, und dort findet ganz genau dasselbe statt wie vorher, nur ohne jede politische, begleitende Kontrolle, weil diese verlagern Sie dann in den Aufsichtsrat. (Abg. Edler: Das stimmt ja nicht! Das ist ganz anders!) – Aber einen anderen Sinn macht das ja nicht!

Abgesehen davon zerbrechen Sie sich keine Sekunde lang den Kopf über die notwendigen gewerberechtlichen Befugnisse, die Sie dafür haben müssen, und daß eben Gas und Strom etwas jeweils ganz anderes ist, daß das eine in die Gewerbeordnung gehört und das andere ins Elektrizitätswirtschaftsrecht, oder daß die Leichenbestattung wieder etwas anderes ist, und vom Wasser rede ich gar nicht. Das kommt zum Beispiel interessanterweise gar nicht vor!

Auch die Fernwärme kommt darin nicht vor. Dafür gab es schon früher eine GesmbH, daher braucht man sie offenbar nicht zu erwähnen. Sie werden also dann in der Holding eine Fernwärme-Tochter haben, die nicht von der Kollektivvertragsfähigkeit erfaßt ist. Also ob das sehr systemkonform ist, weiß ich nicht, aber vielleicht denken Sie sich: Diese armen Zwergerln, die da bei der Fernwärme arbeiten, haben ohnehin schon vorher einen schleißigen Kollektivvertrag gehabt – das ist nämlich, unter uns gesagt, kein guter Kollektivvertrag bei der Fernwärme! –, das kann ruhig so bleiben, da ändern wir auch nichts! – So nach dem Motto: Was wir hier an Privilegien nicht ändern, ändern wir dort an Diskriminierung nicht. – Ich finde, das ist auch kein guter Zugang. – Soviel einmal zur Kollektivvertragsfähigkeit.

Ich verstehe, daß sie praktisch ist. Wäre ich Vorstand eines großen Konzerns, und würde der Gesetzgeber meinem Konzern auf Zuruf die Kollektivvertragsfähigkeit einräumen, dann würde ich mir auch sagen: Das ist doch fein, nicht? Jetzt kann ich direkt verhandeln, jetzt brauche ich mich mit den lästigen Betriebsräten gar nicht mehr herumzuschlagen, wenn die kommen und vielleicht eine Betriebsvereinbarung von mir haben wollen! Jetzt mache ich mir das gleich direkt aus!

Das ist nicht gut! Sie zerstören damit das System des kollektiven Arbeitsrechtes, und Sie haben damit wieder etwas gemacht, was ich mir nicht erwartet hätte. Ich hätte mir nicht gedacht, daß Sie einmal so stark an Ihrem eigenen Ast sägen. Abgesehen davon, daß es ungerecht und unfair ist. Es ist wirklich im Verhältnis zu allen anderen Mitarbeitern in anderen Gasversorgungsunternehmen nicht drittvergleichsfähig, es ist zu anderen EVUs nicht drittvergleichsfähig, und das finde ich schlecht!

Sie entziehen damit a priori der Wiener Stadtwerke Holding AG das bench marking. Es wird nicht möglich sein, zu vergleichen, wie effizient sie sind, weil Sie dieses Gesetz machen. – Gut. Sie müssen es politisch verantworten, und wir werden es jedesmal, wenn etwas in dieser Art auftaucht, geißeln.

Ich komme zum zweiten Systembruch in diesem Gesetz, und das ist der gravierendere. Er hat übrigens im Ausschuß – für das Plenum ist das vielleicht von Interesse – zu einer Sitzungsunterbrechung in der Dauer von einer halben Stunde geführt, weil der Sozialausschuß einfach nicht der richtige Ausschuß war, um zu beraten, wie das mit der Gesamtrechtsnachfolge auf handelsrechtlicher Ebene ist.

Wir haben uns im Ausschuß die unverschämte Frage erlaubt: Was steht denn in diesem Einbringungsvertrag, der zwischen der Stadt Wien und der Holding AG geschlossen wird? – Daraufhin ist Ratlosigkeit ausgebrochen, aber dann hat man Herrn Professor Doralt herbeigerufen, der in diesen Fragen die Stadt Wien berät, und der konnte uns sachgerecht Auskunft geben. Es war sehr interessant. Er hat uns nämlich gesagt, diesen Einbringungsvertrag gibt es noch gar nicht, der wird erst verhandelt! – Sie aber, Frau Kollegin Fuchs, haben uns heute bereits Elemente aus diesem Einbringungsvertrag vorgetragen. Also ganz unbekannt dürfte er nicht gewesen sein, weil diese zweijährige Frist, die Personalfrist und diese Dinge, sind genau die Elemente dieses Vertrages, den die Holding AG abschließen wird.


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