Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 93

Ich finde es weiters richtig, daß die Wiener Stadtwerke ausgegliedert werden, denn ich habe die Hoffnung, daß dann erstmals dort tatsächlich kaufmännisches Rechnen Platz greifen wird, sodaß man anhand von echten Kostenstellen und so weiter Effizienzen besser sehen wird. Man wird dann vielleicht auch etwas deutlicher sehen, welche Bereiche innerhalb der Wiener Stadtwerke welche anderen Bereiche quersubventionieren, etwa daß die "Wienstrom" möglicherweise aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und der doch recht hohen Strompreise in Wien eben in der Lage ist, Quersubventionierungen für die Verkehrsbetriebe zu machen.

Sollte das in Wien, also beim Eigentümer, common sense und mehrheitsfähig sein, dann wird das vernünftig sein. Die Leute werden dann allerdings wissen, daß sie, wenn sie in der Früh ihren Toaster einschalten, damit einen Teil der U-Bahn-Fahrkarte bezahlen. Das kann Sinn machen, aber es wird eben erstmals transparent werden, und das ist ja schon etwas Wertvolles. Ich betone, das ist etwas Wertvolles.

Bemerkenswert ist aber, Frau Kollegin Fuchs, daß Sie dazu der Wiener Stadtwerke Holding AG die Kollektivvertragsfähigkeit geben müssen. Das ist bemerkenswert. Ich will dabei gar nicht an die Ausführungen des Kollegen Gaugg anknüpfen, sondern ich will Sie auf etwas anderes aufmerksam machen: Damit durchbrechen Sie das System der Kollektivverträge und machen etwas, was zwar einen gewissen Charme hat, aber in Ihren Augen eigentlich schizophren sein müßte.

Sie räumen nämlich der Wiener Stadtwerke Holding AG ein, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Und damit die Betriebsvereinbarung nicht mit dem bestehenden Kollektivvertragsrecht kollidiert, müssen Sie diese Betriebsvereinbarung in den Rang eines Kollektivvertrages heben. Sie schaffen also für ein Unternehmen die Kollektivvertragsfähigkeit, und das finde ich bemerkenswert.

Wenn Sie das noch dazu mit der Zweijahresfrist kombinieren, dann ist das interessant. Im Ausschuß war davon zwar nicht die Rede, aber ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß sich einmal zwei Jahre lang überhaupt nichts ändert – nichts!

Damit spreche ich nicht von den schon vorhandenen Mitarbeitern, denn das würde ich ja noch verstehen, daß Sie nicht riskieren können, daß Ihnen die Belegschaft der Verkehrsbetriebe flächendeckend in Streik geht, wenn Sie am Personalrecht rütteln. Das verstehe ich ja, das verstehe ich völlig! Wenn man möchte, daß die U-Bahn und die Straßenbahn weiterfahren, dann, muß man sagen, wäre es kein gutes Szenario, wenn jetzt deswegen gestreikt werden würde. Also ich verstehe, daß Sie hier sozusagen vor der Streikdrohung gewichen sind. Das ist logisch!

Daß Sie eine zweijährige Karenzfrist nehmen, ist nicht mehr ganz so logisch. Daß Sie aber jetzt schon die Kollektivvertragsfähigkeit einbauen, damit Sie alle künftigen neuen Mitarbeiter, die Sie aufnehmen, letztlich zu denselben Konditionen aufnehmen können wie die bisherigen Gemeindebediensteten, das finde ich nicht mehr logisch! Denn wenn Sie ausgliedern, dann müssen Sie ein modernes, adäquates, für Verkehrsbetriebe, für die "Wienstrom", für Gaswerke, für die Leichenbestattung et cetera passendes, vernünftiges, faires Besoldungsrecht schaffen.

Das ist üblicherweise das Anstellungsverhältnis, das ist üblicherweise eingebettet in andere kollektive arbeitsrechtliche Normen, wie zum Beispiel einen Kollektivvertrag, und es ist dann vielleicht auch möglich, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Daß Sie aber sozusagen das ganze Territorium der Wiener Stadtwerke Holding AG arbeitsrechtlich exterritorial stellen und in die Kollektivvertragsfähigkeit transferieren, das ist nicht logisch! Das ist ein Systembruch im kollektiven Arbeitsrecht, den Sie nur deswegen machen, damit dort nichts geändert wird!

Da frage ich Sie: Warum gliedern Sie dann aus, wenn Sie mit demselben Dienstrecht weiterfahren wollen, wie das bisher die Gemeinde gehabt hat? Warum? (Abg. Edler: Das ist ja nicht richtig!)

Damit nehmen Sie dem Vorstand jede Möglichkeit, in irgendeiner Weise, wenn auch langsam, behutsam und sensibel, irgend etwas zu reorganisieren, was die Gemeinde nicht auch hätte


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