Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 105

eingetreten, nur in Österreich, weil der österreichische Mensch – da gibt es den berühmten Ausspruch des Arbeitsmediziners der Unfallversicherungsanstalt, des Herrn Primarius Prügger –, der Homo Austriacus, einfach von robusterer Natur ist. Wenn auch noch so giftige Arbeitsstoffe in Österreich verwendet werden, der Homo Austriacus hält das schon aus, der verträgt das. Asbest, polychlorierte Kohlenwasserstoffe – das macht ihm nichts aus. Da kann es zwar gelegentlich zu Krankheiten kommen, aber das übertaucht man schon in Österreich. Und wenn es schon nicht die Betroffenen übertauchen, weil sie daran sterben, dann tut wenigstens die Unfallversicherungsanstalt alles mögliche, daß es nicht zur Anerkennung als Berufskrankheit kommt. Denn es ist immer noch besser, das wird von der Krankenkasse bezahlt, das kostet nicht so viel. "Normale" Krankenstände sind nicht so gut bezahlt wie Unfallrenten oder Renten aufgrund von Berufskrankheiten. Da ist auch bei der Rehabilitation nicht so viel aufzuwenden. Das ist das Problem dabei.

Wir haben – und damit komme ich wieder zum Ausgangspunkt – einen sinkenden Regelungsbereich im Bereich des Arbeitnehmerschutzes. Gleichzeitig gibt es Anstalten, Institutionen, die Unfallschutz, Unfallverhütung, Berufskrankheitenverhütung betreiben sollten, die diese sinkende oder gesunkene Regelungsdichte ganz gut für sich nutzen, um positive Bilanzen zu schreiben, denn es gilt ja als Leistungsausweis in Österreich, wenn die Unfallversicherung eine positive Bilanz schreibt. Dann darf der Herr Finanzminister – mit Zustimmung der Sozialministerin – wieder ins Töpfchen dieser Unfallversicherungsanstalt greifen und für das Budget etwas herausholen. – So schaut es doch aus! Es ist aber nicht so, daß die Dinge so gut sind, wie Sie es darzustellen versuchen.

Ich möchte nur darauf hinweisen: Auch dieser Bericht zeigt, daß bei den Verdachtsfällen von Berufskrankheiten, die der Arbeitsinspektion gemeldet werden, von einem Rückgang keine Rede sein kann. Der Rückgang findet sich bei der Zahl der anerkannten Fälle. Es werden nach wie vor 2 500 Fälle unter dem Verdacht, Berufskrankheiten zu sein, gemeldet, aber die Anerkennungsrate liegt inzwischen bei nicht einmal der Hälfte, nämlich bei 1 100 Personen. Da ich in der Vergangenheit mit einigen Personen zu tun hatte, die vorwiegend – das war ein besonderes Thema von mir – an Asbesterkrankungen gelitten haben beziehungsweise dann auch gestorben sind, weiß ich, wie diese Unfallversicherungsanstalt mit ihren Gutachtern umgeht. Jemand kann schon halbtot sein, wird er noch zur Arbeit in den Betrieb mit den schädigenden Stoffen geschickt, solange es noch geht. Das ist auch eine Realität!

Meine Damen und Herren! Das sollte eigentlich Anlaß dafür sein, die Bemühungen in diesem Bereich des Arbeitnehmerschutzes etwas zu intensivieren (Beifall bei den Grünen), denn die krankmachenden Stoffe, die schädigenden Stoffe gibt es noch immer in der Arbeitsumwelt, die gibt es nicht nur draußen im Freien, sondern viel mehr im Betrieb.

Ich komme aber noch abschließend zu einem besonderen Thema, das betrifft auch die Arbeitsmedizin. Frau Bundesministerin, das ist eine Frage beziehungsweise ein Problem, das ich in besonderer Weise an Sie adressieren möchte. Es gibt einen Brief einer Interessengruppe von Ärzten – ich sage ganz klar: im Auftrag der Pharma-Lobby vorgeschickt –: Ärzte gegen Regelschmerzen. Diese wenden sich an die Arbeitsmediziner in den Betrieben und sagen diesen: Wenn ihr etwas machen wollt gegen die hohen Fehlzeiten – es gibt nämlich noch immer Frauen, die wegen Regelschmerzen Fehlzeiten haben –, wenn ihr etwas machen wollt gegen die Regelschmerzen und gegen die Frauen, die den Produktionszyklus stören, indem sie fehlen, weil sie Regelschmerzen haben, dann wendet euch an uns. Wir verschaffen euch die nötigen Informationen und die entsprechenden Hormone, damit es nicht mehr zu solchen Fehlzeiten kommt.

Dann findet sich noch ein schöner Satz in diesem Schreiben: Damit können Sie sich – gerichtet an die Arbeitsmediziner – im Betrieb beliebt machen. Beliebt machen bei wem? – Beim Unternehmer, denn dann gibt es keine Arbeitsausfälle, keine Unterbrechungen mehr, denn nach dem Einwerfen von ein paar Pillen ist sozusagen das "Hormonbündel Frau" wieder in Ordnung gebracht. Dann gibt es keine störenden Funktionen mehr bei den Frauen.


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