Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 206

können wir es ja gleich zusperren! Ist das dann der endgültige Gütebeweis, wenn man die letzten Besucher vertrieben hat?!

Lassen Sie mich kurz noch einige Gedanken vorbringen. Unzumutbar ist, daß die erforderlichen Mittel für die Albertina nach wie vor nicht bereitgestellt werden. Ich verkenne nicht, daß nicht Sie allein dafür verantwortlich sind, aber ich möchte Ihnen offen sagen, daß das eine nationale Schande für den Kulturstandort Österreich ist. Die bedeutendste graphische Sammlung der Welt wird im Jahr nur lächerlichen 12 000 Besuchern zugänglich gemacht (Beifall bei den Freiheitlichen), weil man es nicht anders will, da sich die graphische Kunst fast ausschließlich mit gegenständlicher bildender Kunst beschäftigt. Dafür hat man kein Geld. Statt dessen schwelgt man in neuen Museumsprojekten. Das ist eine Gewichtung, die mir verzerrt erscheint.

Über das Leopold-Museum beziehungsweise die Stiftung Leopold möchte ich folgendes sagen: Ich schätze Herrn Schröder als sehr tüchtigen Ausstellungsmacher im Kunstforum der Bank Austria, das ist überhaupt keine Frage und das sei ausdrücklich erwähnt. Aber vom unternehmerischen Standpunkt aus halte ich es nicht für richtig – und Sie sind ja als Vertreterin der Republik sozusagen die Unternehmervertreterin, wenn ich diesen Vergleich ziehe –, dem verdienstvollen Sammler Leopold, der sein ganzes Leben der Leidenschaft des Sammelns gewidmet hat, dem es weniger um Profit- und Wertsteigerung gegangen ist als darum, seiner Leidenschaft nachzukommen, und der im Wege einer gemischten Schenkung der Republik Österreich einen Milliardenbesitz zugewandt hat, einfach zu sagen, daß uns, wenn er sich mit Herrn Schröder nicht versteht, das nicht interessiere, daß Herr Schröder zu bleiben habe.

Das ist, bitte, eine Vorgangsweise, die es in keinem Unternehmen gäbe. Einem Geschäftsführer, der nicht abberufbar ist – wie es Professor Leopold mit Recht ist, weil ihm wirklich sehr viel zu verdanken ist –, dann einen Direktor "aufs Auge zu drücken", mit dem er sich nicht versteht, und diesen neuerlich bestellen zu wollen, das ist doch keine Unternehmenskultur! Es ist nicht nur das moralische Recht eines Stifters, das moralische Recht desjenigen, der diese großartige Sammlung aufgebaut hat, von der man noch in 500, in 1000 Jahren sprechen wird, daß man dort einen zusätzlichen Direktor bestellt, mit dem einigermaßen das Auskommen zu finden ist, sondern das ist auch unternehmenspolitisch ratsam, Frau Bundesminister. Es geht in keinem Unternehmen gut – das sage ich Ihnen –, wenn zwei Geschäftsführer gegeneinander arbeiten. Das ist überhaupt keine Frage.

Das hat nichts mit Qualitäten oder Nichtqualitäten zu tun. Deshalb möchte ich noch einmal sagen, daß Herr Schröder meiner Ansicht nach ein sehr erfolgreicher Ausstellungsmacher ist. Aber das ändert nichts an der Analyse, daß man in diesem Fall eine andere Lösung wird finden müssen, eine Lösung, mit der auch der Stifter Leopold zufrieden ist. Dafür gibt es bereits andere Vorschläge.

Ein paar Bemerkungen noch zur Vollrechtsfähigkeit. Diese ist sicherlich zu begrüßen. Aber eines ist unverständlich, Frau Bundesministerin, und da habe ich noch Ihre Worte im Ohr, mit herbem Charme – wenn ich das so sagen darf – vorgebrachten Aussagen zur Frage der Vollrechtsfähigkeit und Ministerverantwortung, nämlich daß Sie Ihre Ministerverantwortung wahrnehmen. Aber wo, bitte, gibt es das sonst noch, in welcher anderen westlichen Demokratie ist der Minister dafür zuständig, wer zum Direktor bestellt wird?

Das ist doch Unfug! Lassen Sie die Leine los, durchschneiden Sie die Leine! Das gehört wirklich ausgegliedert. Es ist sonst nirgends so. Selbst die Experten, die Sie in den Ausschuß geladen hatten – etwa der Direktor des Van Gogh-Museums –, haben gesagt, daß das undenkbar ist. (Abg. Dr. Brinek: Aber es gibt dort ein anderes Stiftungsrecht! Das sagen wir Ihnen schon zum x-ten Mal!) Es wäre in Holland undenkbar, daß ein Minister darüber entscheidet, wer in diesem Museum Direktor wird und wer nicht. Sie sollten sich von diesem Obrigkeits- und Allmachtsdenken endlich verabschieden!

Aber es geht Ihnen in Wirklichkeit nicht so sehr um Kultur, sondern es geht Ihnen vielmehr darum, Einflußsphären zu erhalten – und um sonst gar nichts! Und das ist wirklich sehr bedauerlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.04


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