Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 216

herausgerissen und Stukkaturen abgeschlagen werden. Das ist durchaus bedauerlich. Es erfolgt großteils auch im Hinblick auf Bauplatzgewinnung, damit man in teuren Innenstadtgebieten mehr Bauplatz bekommt. Wenn man sich ein gründerzeitliches Haus ansieht, so sieht man, daß es Mauern und Stiegenhäuser hat, die 45 bis 50 Prozent der Bausubstanz einnehmen, während dies bei modernen Bauten viel weniger, nur etwa 25 Prozent – bei Glaswänden sind es noch weniger – ausmacht. Das heißt, da geht es auch um Spekulation oder um Bodengewinnung, und zwar gerade in der Innenstadt. Ich möchte hier keine Wertung vornehmen, aber das Hollein-Haus gegenüber dem Stephansdom ist ja auch aus diesem Grund mit einem Rundbau ausgestattet worden, weil eben dort am teuersten Platz damit auch Platz für Geschäfte geschaffen worden ist.

Ich denke, daß uns die Gebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende, auch die Jugendstilhäuser, so viel wert sein sollten, daß wir sie vermehrt in den Denkmalschutz miteinbeziehen, daß man das, was erhaltenswert ist, erhält und daneben – Kollege Cap hat das schon angesprochen – aber sehr moderne und auch sehr mutige Baukonstruktionen zuläßt, wie es zum Teil in Paris wirklich geschieht. Ich denke, daß wir da manchmal zuwenig mutig sind. Was erhaltenswert ist, das sollten wir aber erhalten.

Noch ein letzter Satz: Frau Ministerin, Sie haben das letzte Mal auch gesagt, es dauere bei uns mit den Renovierungen oft deshalb so lange, weil es auch zu wenig traditionelle Handwerker gibt. Ich denke, daß es gerade in Zeiten von Arbeitsplatznot oder zuwenig Arbeitsplätzen wirklich notwendig wäre, auch in der Ausbildung der jungen Menschen wieder auf handwerkliche Traditionen und auf Qualität zurückzugehen und die jungen Menschen dabei zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

22.46

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein wesentlicher Beitrag dieses Kulturberichtes beschäftigt sich mit dem Denkmalschutz. Meine Vorrednerin hat schon einiges dazu gesagt. Auch ich möchte mich im wesentlichen auf diesen Berichtsteil konzentrieren.

Der Bericht über die Denkmalpflege gibt einen genauen Überblick über die wichtigsten Aktivitäten des Bundesdenkmalamtes zur Erforschung und Erhaltung des künstlerischen, historischen und kulturellen Erbes Österreichs. Die Verantwortung für den Schutz von Denkmalbestand hat sich in Österreich schon sehr früh durchgesetzt. Bereits 1850 wurde die k. u. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmäler geschaffen. Ein entsprechendes Gesetz, das im wesentlichen auch heute noch Gültigkeit hat, das Denkmalschutzgesetz, wurde 1923 geschaffen.

Denkmalpflege ist mehr denn je als selbstverständliche Verpflichtung unseres Kulturstaates anerkannt. Heute gibt es kaum jemanden, der die Wichtigkeit der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes leugnen wollte. Die Schwierigkeiten liegen jedoch im Detail, vor allem in der Notwendigkeit von täglichen Entscheidungen. Es zeigt sich immer wieder, daß die Erhaltung eines Kulturdenkmales sehr wesentlich davon abhängt, inwieweit es gelingt, den Denkmalwert vor Ort auch entsprechend bewußtzumachen.

Dabei geht es um eine verstärkte Ausrichtung denkmalpflegerischer Maßnahmen auf rechtzeitige Vorsorge und vor allem auf eine kontinuierliche Pflege anstelle von aufwendigen Eingriffen.

Eine Generalreparatur ist meist auch der teuerste Weg zur Erhaltung historischer Bau- und Kunstdenkmäler. Es ist daher wichtig, eintretende Schäden rechtzeitig zu erkennen und auch rechtzeitig beheben zu lassen. Dabei muß davon ausgegangen werden, daß heute insbesondere durch die aktuelle Umweltverschmutzung verschärfte Alterungs- und Verfallsprozesse zu verzeichnen sind.


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