Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 35

Ich habe auch einen Geburtstagswunsch des Europarates an Österreich. Peter Schieder hat von den noch ausstehenden Konventionen insgesamt gesprochen, ich möchte eine ganz konkret nennen: Zu den Übereinkommen, die Österreich noch nicht ratifiziert hat, gehört auch die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen. Es wäre schön, wenn dieses Haus, der Nationalrat, die Ratifizierung dieses Übereinkommens noch im Jahr des Jubiläums genehmigen könnte. (Beifall bei der ÖVP, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich hat in den 43 Jahren der Mitgliedschaft viel zur Arbeit des Europarates beigetragen, mit Karl Czernetz einen Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung gestellt, mit Lujo Tončić und Franz Karasek zwei Generalsekretäre. Große Parlamentarier wie Hermann Withalm, Bruno Pittermann, Wolfgang Blenk, Marga Hubinek oder Ludwig Steiner und andere haben Österreich im Europarat vertreten.

Ich möchte auch die erwähnen, die im Hintergrund für die Idee des Europarates wirken, wie zum Beispiel Frau Mag. Humula von der Parlamentsdirektion, die seit Jahrzehnten die Parlamentarierdelegation betreut, oder im außergouvernementalen Bereich unseren Freund Anton Salesny, der im schulischen und außerschulischen Bereich viel zur Bekanntheit des Europarates beigetragen hat. Und Andreas Khol war der erste gewählte Personalvertretungsobmann des Personals des Europarates.

Die Fraktion der ÖVP möchte ihnen allen an dieser Stelle für ihre Arbeit danken.

Wenn ich heute die Tradition weiterführen und dank eines Beschlusses der Bundesregierung auch für die herausfordernde Aufgabe des Generalsekretärs des Europarates kandidieren darf, tue ich das in der Überzeugung, daß die Vision des friedlichen, demokratischen Europas ohne neue Gräben und ohne neue Mauern zu vollenden ist und der Europarat dafür unersetzlich ist. (Beifall bei der ÖVP, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. – Bitte.

10.25

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schieder! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer! Ich war vor allem, lieber Peter (in Richtung des Abg. Schieder), von deiner Rede – ich stehe nicht an, das festzustellen – angenehm überrascht, weil es nicht die von mir erwartete reine Jubiläumslobhudelei gewesen ist, sondern weil du durchaus Positives mit Kritischem vermengt hast. Ich werde versuchen, mich dieser Grundtendenz in meinem Debattenbeitrag anzuschließen.

Ich darf mit einer kritischen Bemerkung zu euren beiden Reden beginnen. Wenn ihr immer wieder gesagt habt, man sollte, es müßte, es ist ein Versäumnis, daß ..., dann darf ich euch schon in Erinnerung rufen: Ihr beide seid, wie schon vom Herrn Präsidenten erwähnt, die Vorsitzenden der zwei stärksten Fraktionen im Europarat, und wenn es jemandem gelingen kann, diese Dinge zu verändern, dann werden es ja doch wohl die zwei stärksten Fraktionen sein und sonst niemand. Also bitte, ihr seid aufgerufen, das, was ihr hier und heute beklagt, demnächst einmal zu ändern, die entsprechenden Vorhaben umzusetzen, im 51. Jahr des Bestehens des Europarates. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber zu Beginn auch etwas Positives sagen: Es ist von bleibender historischer Bedeutung, daß nach zwei Weltkriegen, die beide ihren Ausgang in Europa genommen hatten, mit dem Europarat eine Institution geschaffen wurde, mit der nach diesen beiden großen Kriegen eine europäische Zusammenarbeit begonnen und vorangetrieben werden sollte, und das ist auch geglückt. Das ist ohne Zweifel von historischer Bedeutung.

Jetzt zu den kritischen Bemerkungen aus meiner Sicht. Sie decken sich zum Teil mit den von meinen beiden Vorrednern gemachten. Der Europarat hat nach heutigen Standards ein nicht unbeträchtliches demokratisches Defizit, denn das Sagen, das entscheidende Sagen im


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