Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 188

Ich weiß nicht, was Sie mit "früher" bezeichnen. (Abg. Dr. Nowotny: Beim Gentechnikgesetz! Da waren Sie noch strikt dagegen!) Ich bin seit 1990 im Hohen Haus, ich spreche für die Zeit danach. (Abg. Dr. Nowotny: Aber Sie können mir dafür danken, daß wir Sie vor Fundamentalismus bewahrt haben!) Herr Dr. Nowotny! Ihre Zwischenrufe werden mit später Stunde auch nicht besser. (Abg. Dr. Nowotny: Aber wahr! – Heiterkeit.) Und auch nicht wahrer. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Rasinger: Nowotny bekommt ein Ehrendoktorat! Und freie Behandlung!)

Wir haben in der abweichenden Stellungnahme zur letzten Novelle des Gentechnikgesetzes, die gemeinsam von Liberalen und Grünen eingebracht worden ist, die ursprüngliche Forderung von Frau Ministerin Prammer unterstützt, daß sowohl die Gentechnikkommission als auch die wissenschaftlichen Ausschüsse anders – nämlich aus unserer Sicht objektiver – besetzt werden sollen. Bitte erinnern Sie sich: Im ursprünglichen Entwurf von Frau Ministerin Prammer war festgelegt, daß für die Kommission Wissenschaftler sowohl vom Forum österreichischer Wissenschaftler für den Umweltschutz als auch von der Akademie der Wissenschaften nominiert werden sollen.

Sinn und Ziel waren, daß gerade angesichts einer Technologie, die zu Recht kontroversiell ist und die aus meiner Sicht zu Recht als Risikotechnologie bezeichnet wird, und bei einem in der Öffentlichkeit so kontroversiell diskutierten Thema möglichst alle wissenschaftlichen Theorien vertreten sein sollen. Denn nur so kann man Konflikte und auch Ängste nehmen.

Leider hat die Gentechniklobby diesen Ansatz damals erfolgreich gekillt. Es wurde nicht erreicht, daß die Gentechnikkommission objektiver besetzt wurde, und das zieht sich aus meiner Sicht auch durch diesen Bericht. Wir werden ihm deshalb nicht zustimmen.

Ich halte es für falsch, was immer wieder behauptet wird: daß Wissenschaft per se wertneutral und objektiv sei. Das stimmt nicht! Wissenschaft und vor allem Wissenschaftler haben Interessen, und diese Interessen versuchen sie – auf welchen Gebieten auch immer – durch- und umzusetzen. Daran ist von vornherein nichts Verwerfliches, nur sollte man es endlich zur Kenntnis nehmen.

Jeder, der im Wissenschaftsbereich gearbeitet hat – vor allem in jenem Bereich, in dem es um das Sammeln von Daten geht –, weiß, daß die Datensammlung selbst an und für sich noch das Objektivste an der ganzen Sache ist. Man mißt, man analysiert, man hält die Daten fest. Aber dann kommt die wirklich schwierige Phase (Abg. Dr. Leiner: Die Interpretation!), die Interpretation, völlig richtig! Und da gibt es ganz erhebliche Spielräume.

Der Fall Pusztai, der vor wenigen Wochen in Großbritannien, aber auch darüber hinaus enorm hohe Wellen geschlagen hat, hat das hervorragend aufgezeigt. Dr. Pusztai ist immer ein überzeugter Gentechnikbefürworter gewesen. Er ist jetzt 68 Jahre alt und hat eine lange wissenschaftliche Laufbahn hinter sich. Er war, wie gesagt, immer ein Gentechnikbefürworter. Der Fall, daß er an Ratten transgene Kartoffeln verfüttert hat, denen zuvor ein Schneeglöckchen-Gen eingepflanzt wurde – etwas, Herr Abgeordneter Leiner, was in der Natur nicht wirklich, auch nicht im Lauf von 3000 Jahren, stattfindet –, hat dazu geführt, daß ein Lektin produziert wurde, das in der Folge bei den Ratten, an die es verfüttert wurde, entsprechende Schäden ausgelöst hat, nämlich Schäden am Immunsystem, aber auch – wie in der Folge festgestellt wurde – Schäden am Gehirn und Schäden an den Magenwänden.

Dr. Pusztai hat seine Ergebnisse lange nicht veröffentlicht, weil er versucht hat, zuerst intern auf das Problem aufmerksam zu machen. Ich kann Ihnen sagen, daß ich diese Debatte sehr genau verfolgt habe. Sie wurde vor allem in den kritischen Medien über Wochen breitest diskutiert – ich würde sagen: besser als in Österreich, weil alle Seiten sehr ausgeglichen zur Stellungnahme gebeten wurden. Dr. Pusztai war, glaube ich, am unglücklichsten über das, was er herausgefunden hat. Er hat immer wieder betont, daß er an und für sich die Gentechnik für ein vernünftiges Instrument hielte. Aber er kann auch nichts dafür, daß er in seinen Versuchen diese Krankheitsbilder festgestellt hat.


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