Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 192

der Bevölkerung! Nur ein Fünftel ist hingegangen, um zu unterschreiben, vier Fünftel haben nicht unterschrieben. (Abg. Reitsamer: Das stimmt ja!) Das heißt, sie haben de facto nichts dagegen!

Frau Kollegin Pittermann! Wo bleibt Ihr Demokratieverständnis? (Abg. Dr. Pittermann: Wo bleibt Ihres?) Was ist das für eine Rechnung? – Das Niveau dieser Ihrer Rechnung ist weit unter dem eines Milchmädchens, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Pittermann.) Das ist ungeheuerlich! Ein bißchen mehr Demokratieverständnis – Sie sind die Tochter eines berühmten Vaters – würde man von Ihnen schon erwarten! (Abg. Dr. Nowotny: In Ihrer Partei können Sie damit nicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war ein Demokrat, der auch Oppositionspolitikern die Hand gegeben hat, zum Unterschied von Ihnen, die Sie sich manchmal weigern. (Abg. Dr. Pittermann: Da gab es noch andere Oppositionspolitiker!)

Die Kennzeichnungsfrage ist überhaupt nicht geregelt. Sie ist nicht geregelt, obwohl das der Wunsch der Bevölkerung ist. Daher hätten Sie von Anfang an sagen müssen, Frau Ministerin – ich habe es Ihnen gesagt, das hätte man der Bevölkerung gleich sagen können –: Dieses Volksbegehren, die drei Punkte, die Inhalt dieses Volksbegehrens sind, sind nicht durchsetzbar. Aber niemand von der Regierungsbank, auch niemand von den namhaften Politikern von Rot und Schwarz, hat die Bevölkerung informiert. Das wäre nämlich ein Eingeständnis der Machtlosigkeit gewesen, die in bezug auf die Gentechnologie besteht, seit wir bei der Europäischen Union sind!

Ich kann Ihnen ein Gutachten der namhaften Professoren Loibl und Stelzer vorlesen, die da schreiben, daß auf der Ebene der nationalen Gesetzgebung den vom Gentechnik-Volksbegehren erhobenen Forderungen nach einem Freisetzungsverbot für gentechnisch veränderte Organismen sowie dem Verbot des Einsatzes der Gentechnik in der Nahrungsmittelproduktion aus völkerrechtlichen und europarechtlichen Gründen nicht entsprochen werden kann. – Das hätten Sie der Bevölkerung sagen müssen, und zwar vor der Volksabstimmung zum Beitritt zur Europäischen Union. Das wäre ehrlich gewesen!

Die Haftungsfrage muß ich ebenfalls erwähnen. Wir Freiheitliche wollen eine nach oben unbegrenzte, vom Verschulden unabhängige Gefährdungshaftung mit Beweiserleichterung für den Geschädigten sowie eine Vorsorgeverpflichtung des Betreibers. Aber was haben Sie in der Haftungsregelung drinstehen? – Ich habe das extra mitgenommen: Ausschluß aus der Haftung gilt auch dann, wenn der Betreiber die Rechtsvorschriften befolgt oder einer besonderen behördlichen Anordnung folgt und trotzdem etwas passiert. – Das heißt, das Verschulden ist dann auf der Seite des Geschädigten.

Zum zweiten: Es kommt auch dann zum Haftungsausschluß, wenn die Vermutung widerlegt wird und der Betreiber als wahrscheinlich dartut, daß der Schaden nicht durch diese Eigenschaften oder nicht durch diese Genveränderung entstanden ist. Er braucht es nur als wahrscheinlich darzutun, und schon ist er aus der Haftung befreit! Die Haftungsregelung ist zur Unzufriedenheit der Bevölkerung und des Konsumenten nicht geklärt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber Frau Reitsamer jubelt!) Die Kennzeichnungsfrage ist nicht geregelt, und das Freisetzungsverbot läßt sich schon überhaupt nicht durchsetzen. Daher sind wir strikte Gegner dieses Gentechnikberichtes! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Her Abgeordneter Schuster. Er hat das Wort.

21.31

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der Nationalrat hat zur Vorberatung des Gentechnik-Volksbegehrens einen besonderen Ausschuß eingesetzt. Dieser wiederum hat sieben Monate lang unter Einbindung von über 60 anerkannten Experten aus dem In- und Ausland intensiv beraten. Das Ergebnis wurde von den Mitgliedern dieses Ausschusses einhellig gutgeheißen, wobei aber festgehalten wurde, daß das nicht unbedingt so zu verstehen sei, daß man auch mit dem Inhalt voll einverstanden


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