Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 53

gelegt hatten, davon abgehalten hat, dann gibt es über Sie hinaus noch weitere Verantwortliche, die die Konsequenzen dafür zu tragen haben, nämlich jene, die noch über Ihnen stehen, und das ist in diesem Fall der Herr Bundeskanzler, das sind vielleicht auch Kabinettskollegen – ich weiß es nicht –, die Sie davon überzeugt haben, daß das keine gute Lösung wäre. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Das, was mich an dieser Sache, soweit es Sie und Ihre politische Verantwortung angeht, ganz persönlich stört, ist diese Art von unglaublichem Krisenmanagement, das Sie in Ihrem Ressort in den letzten zehn Tagen an den Tag gelegt haben. Das ist ja, ehrlich gesagt, ein Dilettantismus – jetzt mit Ihren Augen betrachtet –, der ganz unglaublich ist. Es ist unglaublich, daß ein Innenressort in so einer Situation so eine Art von – Anführungszeichen – "Informationspolitik" macht, wie wir es erlebt haben – nicht wir Oppositionsabgeordneten, sondern die österreichische Öffentlichkeit; Kollege Van der Bellen hat das in seinem Redebeitrag bereits aufgezeigt –: Widersprüchlichkeiten noch und noch, Beamte, die einen Bericht legen, in dem später, nachdem sie in Österreich angekommen sind und selbstverständlich schon am Flughafen mit ihren Vorgesetzten gesprochen haben, plötzlich neue Fakten auftauchen. Das sind unglaubliche Sachen!

Meine Damen und Herren! Ich möchte hier feststellen: Jene drei Beamten, gegen die Voruntersuchungen laufen, sind Beschuldigte in einem Verfahren. Beschuldigte unterliegen nicht der Wahrheitspflicht, meine Damen und Herren. Sie werden sich ja nicht selber permanent durch Fakten belasten, sondern sie dürfen sagen, was sie wollen. Auch ihr Anwalt darf sagen, was er will. Aber Ihre Spitzenbeamten, Herr Bundesminister, dürfen nicht sagen, was sie wollen, und jeden Tag etwas anderes. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Die mangelnde Glaubwürdigkeit ist heute mehrfach aufgezeigt worden, aber ich, Herr Bundesminister, möchte darauf zurückkommen, was jetzt – das wurde von Ihnen gestern in den Medien schon groß angekündigt – die Konsequenzen dieses tragischen – jetzt sage ich wieder Anführungszeichen – "Einzelschicksals" sind, und zwar sozusagen vom Ende, aber nicht von dem, was geschehen ist.

Herr Bundesminister! Sie haben mit den Worten eines katholischen Rechtsphilosophen gesprochen und haben gesagt, "jeden Tag neu beginnen", das sei die Devise des Innenressorts. – Mir schwant Übles, wenn Sie jeden Tag neu beginnen, und zwar mit jenen Beamten, die zumindest – ich bin ja jetzt schon einige Jahre in der Politik – seit dem Jahre 1993 – denn damals habe ich eine parlamentarische Anfrage an Herrn Bundesminister Löschnak gestellt – wissen, daß in Österreich mit Klebebändern geknebelt wird, weil Bürger das beobachten können. Das geschieht ja nicht im geheimen, das geschieht öffentlich, in Flugzeugen, am Flughafen, wo die Leute hin- und hergeführt werden. Mit diesen Beamten wollen Sie jeden Tag neu beginnen? – Da, Herr Bundesminister, kann man wirklich nur sagen: Gute Nacht, Österreich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich halte Ihnen da die Worte – Paul Watzlawick würde das so sagen – entgegen: Das, was Sie vorgeschlagen und heute hier vorgetragen haben, ist mehr vom selben. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein.

Herr Bundesminister! Wenn man sich nämlich die Details Ihrer Vorschläge wirklich genau anschaut, dann sieht man, das ist wieder nichts anderes als der falsche Weg, gewissermaßen die Verfeinerung von Polizeimethoden. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hätten Sie’s denn gern?) Was ist es denn anderes als Folter in einem anderen Sinn (Abg. Mag. Schweitzer: Sagen Sie, wie Sie es gerne hätten!), wenn ich Menschen, die aus Österreich hinausgebracht werden, mit einem Helm in ein Flugzeug setze und sie weiter mit Klebebändern auf Sitzen fixiere? (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hätten Sie’s denn gerne? – Abg. Dr. Petrovic: Menschenrechte!) Das ist wirklich nichts anderes als eine Verfeinerung von Foltermethoden, wie sie zumindest seit 1993 in Österreich schriftlich amtsbekannt sind. (Beifall bei den Grünen.)

Wohlgemerkt: nicht Ihren Spitzenbeamten, denn Sie haben in der Beantwortung der Anfrage gesagt, Sika und Stiedl, um jetzt nur zwei zu nennen, haben nichts von diesen Anfragen gewußt.


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