Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 65

unsere Unterstützung! (Abg. Scheibner: Wir brauchen ihn eh nicht!) Ich finde, Sie sollten über die Politik, die Sie da machen, einmal nachdenken! (Abg. Haigermoser: Die Argumente des Rudas sind so stachelig wie sein Bart!)

Herr Minister, meinen Applaus wird es, wie gesagt, entweder gar nicht oder jedenfalls sehr schwach geben, denn wenn Sie nun erklären, daß Sie sich erst jetzt mit der Praxis des Abschiebens befassen, muß ich Sie schon fragen: Worin haben Sie denn bisher Ihre Pflichten gesehen? Es wurde nämlich an Sie herangetragen, daß die damit befaßten Beamten unter immensem Druck stehen. Sie wissen auch von unserer jahrelangen Forderung nach einem eigenen Flugzeug für Abschiebungen. Aber Sie haben nichts getan!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Redezeit geht leider zu Ende, aber folgendes, Herr Minister, möchte ich noch betonen: Damit, daß Sie einen Abschiebestopp für randalierende Ausländer verfügt haben, haben Sie Ihre Kompetenzen überschritten, denn Sie haben die Gesetze zu vollziehen und können diese nicht eigenmächtig durch eine Verordnung oder durch einen Erlaß ändern. Ich bitte Sie, in Zukunft den Vollzug der Gesetze zu beachten. Wir werden Sie dabei ganz genau kontrollieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Die Redezeit beträgt wie bei allen in dieser Debatte 10 Minuten. – Bitte.

18.55

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist mir durchaus angenehm, daß der Herr Bundeskanzler nun anwesend ist, denn er bringt damit zumindest in den Augen der liberalen Fraktion ganz klar zum Ausdruck, daß er, was die politische Verantwortung anlangt, dieselbe Auffassung hat wie der Innenminister.

Es ist in dieser Debatte meiner Meinung nach eindeutig klargestellt worden, daß es fundamentale Unterschiede in der Auffassung von politischer Verantwortung gibt. Es ist immer wieder versucht worden, schuldhaftes Verhalten mit der Frage der abstrakten politischen Verantwortung zu vermischen. Der Herr Bundeskanzler hat uns gesagt, Bundesminister Schlögl habe ihm seinen Rücktritt angeboten – ich bezweifle nicht, daß es so war –, aber der Bundeskanzler habe ihn abgelehnt – ich bezweifle nicht, daß es so war! Beide Herren, sowohl der Herr Bundesminister als auch der Herr Bundeskanzler, sind offenbar der Meinung, daß es keine politische Verantwortung in diesem Punkt wahrzunehmen gibt. Das muß man einfach einmal deutlich aussprechen, dann ist es gesagt, und es soll im Raum stehen! Wer sehen will, kann sehen, und wer hören will, kann hören! Wir wissen das jetzt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Dazu, daß es eine breite Schützenhilfe des Boulevards, im speziellen der "Kronen Zeitung", gegeben hat, oder daß diese zumindest sehr hilfreich war mit den beschworenen 90 Prozent für Schlögl und mit den gleichzeitigen Beschwörungen, daß man sich um die Sache selbst kümmern müsse – auch meine Vorrednerin hat das gerade gesagt –, sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Wenn es um die Sache selbst geht, dann dürfen Prozentzahlen keine Rolle spielen! Wenn es um die Menschenrechte geht, dürfen Prozentzahlen keine Rolle spielen! Das ist nämlich ein Persönlichkeitsrecht, es ist ein Minderheitsrecht. Wenn die Mehrheiten zu bestimmen hätten, was mit dem einen oder anderen Menschen, der in dieser Gesellschaft gestrauchelt ist, zu geschehen hat, dann wären wir, noch ehe wir es uns versehen, bei der Lynchjustiz. Und das wollen wir hoffentlich alle nicht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daher macht es mir Angst, wenn in diesen Fragen die Mehrheiten so beschwört werden, wie das heute in dieser Debatte von diesem Pult aus mehrfach geschehen ist. Denn dann heißt es irgendwann auch: Die Behinderten – sie sind eine Minderheit! Die Gehörlosen – sie sind eine Minderheit! Die Legastheniker – sie sind eine Minderheit! Die Linkshänder sollen gefälligst mit der rechten Hand schreiben, und so weiter! Das ist meiner Ansicht nach ein völlig falscher Zugang zum Menschen! Ein Mensch muß so leben dürfen, wie er es gerne möchte. Und für den Fall, daß er das Gesetz verletzt, haben wir Regeln. Aber auch jene, die das Gesetz durchsetzen,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite