Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 95

wenn es zu dieser Geschäftsordnung kommt, das heißt, wenn in Untersuchungsausschüssen sichergestellt ist, daß Zeugenschutz und Verfahrensrechte gewährleistet sind, dann werde es auch – Anlaßfall vorausgesetzt – wieder Untersuchungsausschüsse geben, denn dann sei die Gefahr gebannt, daß ein Untersuchungsausschuß Tribunalcharakter annehmen könnte.

Ich nehme mit großem Bedauern zur Kenntnis – das ist auch ein bedauerlicher Vorfall –, daß das Wort der beiden Klubobleute der Regierungsparteien offenbar sehr wenig wert ist. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich nehme außerdem zur Kenntnis, daß der Innenminister für seine Spitzenbeamten – nicht für die kleinen Beamten, die dann hängenbleiben und ein Verfahren bekommen – andere Spielregeln in Anspruch nimmt, als sie für jeden österreichischen Staatsbürger und für jede Staatsbürgerin gelten. Denn im österreichischen Strafgesetzbuch – das sollte der Innenminister und das sollte auch die Polizei sehr gut kennen, vor allem die Spitzen der Polizei! – ist definitiv geregelt, was es mit dem Rechtsirrtum auf sich hat, nämlich in § 9 Abs. 2 des Strafgesetzbuches. In diesem steht, daß ein Rechtsirrtum – ich habe nicht gewußt, daß das dem Folterverbot widerspricht, ich habe das Erkenntnis des Grazer UVS nicht gekannt –, daß diese Ausrede bei jeder Staatsbürgerin und bei jedem Staatsbürger nicht zählt, gar nicht zählt! Denn sonst würde sich ja jeder ausreden, der ein Gesetz gebrochen hat: Mein Gott, ich habe es nicht gekannt, ich habe es nicht gewußt, ich habe die einschlägige Judikatur nicht gelesen. (Abg. Dr. Mertel: Das setzt voraus, daß er es selbst macht!)

Es steht zu lesen, Frau Kollegin: Der Rechtsirrtum ist dann vorzuwerfen, wenn das Unrecht für jedermann leicht erkennbar war – war es vielleicht nicht, insbesondere nicht für die Beamten, die dann an der Basis die Suppe auszulöffeln haben – oder wenn sich der Täter mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder seinen Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre. – Zitatende.

Ich frage Sie also: Wer, wenn nicht ein Exekutivbeamter, der Abschiebungen vollzieht oder Abschiebungen anordnet, hat sich mit den Vorschriften und der Judikatur vertraut zu machen? Ich frage Sie wirklich!

Herr Bundesminister! Ich habe noch eine Frage an Sie im besonderen. Es hat geheißen, die Spitzen der Exekutive, die namentlich in der Dringlichen Anfrage der Grünen erwähnt sind, haben Ihnen glaubhaft versichert, sie haben auch erst Anfang Mai von diesen Verklebungspraktiken, von diesen Folterpraktiken gehört. – Irgend jemand muß aber die Anfragen der Grünen aus den Jahren 1993 und 1997 doch beantwortet haben. Und wenn schon Innenminister, Ihre Vorgänger, die Anfragebeantwortungen offenbar, ohne sie gelesen zu haben, unterschrieben haben, dann kann ich wahrlich nicht mehr glauben, daß jemand diese in Trance, ohne zu wissen, was er oder sie schreibt, verfaßt hat. Vielleicht verraten Sie uns, wer denn diese Anfragebeantwortungen konzipiert hat, denn zumindest diese Person im Bereich der Verwaltung des Innenressorts muß ja von den Vorwürfen gewußt haben, und zumindest dieser Person wäre es nach den einschlägigen Vorschriften oblegen, sich mit der Realität vertraut zu machen und sich Klarheit zu verschaffen.

Wenn das nicht geklärt wird, Herr Bundesminister, ist nicht nur das Wort der Klubobleute gebrochen, sondern dann gibt es nicht einmal mehr die Spur von politischer Verantwortung in Österreich – und ich glaube, das können auch Sie nicht wollen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Smolle vor. – Bitte.

20.58

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Gospod minister! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht sollte doch einmal klargestellt werden, warum wir diesen Selbständigen Antrag eingebracht haben. (Abg. Scheibner: Das wäre interessant!) Die Geschichte war eine sehr einfache.


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