Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 96

Es war klar, daß die SPÖ für ihren Minister stimmen wird. Es war sehr schnell klar, daß natürlich auch die Freiheitliche Partei den Herrn Minister halten wird, und es war weiters klar, daß es niemanden – oder höchstens ein oder zwei – bei der ÖVP geben wird, der bereit sein wird, bei einem Mißtrauensantrag mitzugehen. Wir wollen, daß die Debatte in den Ausschüssen weitergeht (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen) und auch wieder hier ins Plenum kommt, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Sie hätten heute bei einer einfachen Abstimmung oder Nichtabstimmung unseres Mißtrauensantrages gesagt: Es ist ohnehin alles okay, was der Herr Minister macht. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! So einfach wollten wir es Ihnen nicht machen. (Abg. Mag. Schweitzer: Kein politisches Kapital schlagen! – Abg. Haigermoser: Auf frischer Tat ertappt! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

§ 33 der Geschäftsordnung spricht ganz klar von einem Untersuchungsausschuß, und wir verlangen, daß dieser eingesetzt wird. Sie können jetzt zeigen, wie mutig Sie sind, wenn Sie zumindest für diesen Antrag stimmen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Es ist noch nicht zu spät! Wenn Sie schon einsichtig geworden sind, in Kürze findet hier die Abstimmung statt. Da werden wir beobachten, wer von Ihnen aufsteht, meine Damen und Herren! Das bloße Mundwerk genügt nicht für das Parlament, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Haigermoser.)

Eines, Herr Minister, ist klar geworden, gerade durch Ihr heutiges Verhalten, durch die Beantwortung, die Sie hier von sich gegeben haben, durch die darauffolgenden Redebeiträge und auch durch die Wortmeldungen in der Presse, die immer wieder lauten: Das habe ich nicht gewußt. Das ist nicht über meinen Tisch gegangen. Das war mir nicht bekannt. – Genau deswegen brauchen wir einen Untersuchungsausschuß, wenn nicht einmal der Minister weiß, was im eigenen Haus passiert. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Das war jetzt noch ein "Höhepunkt"!)

Sie bieten uns jetzt als Ersatz einen Beirat an. Sie haben selber gesagt, der Beirat wird schonungslos aufklären. – Ja warum soll nicht auch die politische Verantwortung gänzlich aufgeklärt werden, Herr Minister? Erklären Sie das einmal diesem Hause! (Beifall beim Liberalen Forum.) Sagen Sie mir doch klar und deutlich: Warum haben Sie Ihren Rücktritt angeboten? Warum, wenn alles okay ist, Herr Minister? – Das war eine Farce, eine No-na-Frage an den Herrn Bundeskanzler! Das ist unernst, meine Damen und Herren! Wenn nichts los ist, brauchen Sie nicht Ihren Rücktritt anzubieten; Sie haben ihn aber angeboten, wissend, daß er nicht angenommen wird. (Zwischenruf des Abg. Koppler.)

Vielleicht noch ein paar einfache Anmerkungen eines Nichtfachmannes (Rufe bei den Freiheitlichen: Oh, Nichtfachmann!): Ein Polizist, der weiß, daß er verletzt werden kann, hat entsprechend Vorsorge zu treffen. Es gibt Handschuhe, und es gibt riß- und bißfeste Kleidung, meine Damen und Herren. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist etwas ganz Einfaches zur Erklärung.

Meine Damen und Herren! Wenn man es mit Personen zu tun hat (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), die im Gewahrsam der Polizei sind, dann weiß man, daß diese Personen ärztlich zu betreuen sind, dann weiß man, daß sie auch ärztlich zu untersuchen sind. Daher sage ich Ihnen, Herr Minister (Abg. Scheibner: Meinen Sie das alles ernst?) – ich bin kein Arzt, ich bin nur mit einer Ärztin verheiratet (Abg. Dr. Mertel: Das reicht für eine "Promotion"!) –: Ich würde es mich nicht trauen, einem Kranken, einem Bronchitiker einen Klebestreifen über den Mund zu kleben – ganz gleich, wie er sich verhält –, weil ich weiß, daß das eine große Gefährdung für sein Leben wäre. Dafür braucht man keine besondere Ausbildung, Herr Minister, dafür braucht man nur ein bißchen Menschlichkeit und Menschenverstand. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Etwas, meine Damen und Herren, unterscheidet den Rechtsstaat vom Willkürstaat, und zwar daß Folter eben nie erlaubt ist, für nichts und wieder nichts, auch nicht für ein Geständnis, das dann sozusagen die Wahrheit an den Tag bringt! Folter ist einfach kein Instrument des Rechts


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