Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 183

tion von Problemkindern und anderes mehr erinnert. Wir zementieren die geringere Flexibilität für diese Lehrer und Lehrerinnen ein, weil sie zum Beispiel in anderen Schultypen nicht einsetzbar sind. Auch die internationale Anerkennung auf EU-Ebene ist für mich noch lange nicht gesichert, denn dem Ding nur einen anderen Namen zu geben und alibimäßig ein paar hochschulartige Strukturen einzurichten, wird nicht ausreichen.

Ich warte in diesem Hause immer noch auf eine Erklärung der ÖVP beziehungsweise der Frau Ministerin und neuerdings auch von euch Sozialdemokraten dafür, wieso zwei Lehrer oder Lehrerinnen, die bei einem wortgleichen Lehrplan den gleichen Gegenstand in der zweiten Klasse einer Hauptschule oder in der zweiten Klasse einer AHS unterrichten, unterschiedlich ausgebildet, unterschiedlich bezahlt werden und noch dazu unterschiedliche Lehrverpflichtungen haben. Solange Sie mir das nicht erklären können, wird mein Ruf nach einer deutlich verbesserten, aber einheitlichen Lehrer- und Lehrerinnenausbildung nicht verstummen.

Ich wiederhole: Ich weiß, daß das Herz der ÖVP an diesem System hängt. Das Herz der ÖVP hängt, obwohl es das in der Realität schon lange nicht mehr gibt, daran, 10jährige in AHS-Unterstufe und Hauptschule, also in Schubladen einzuordnen. Und das, obwohl das schon lange nicht mehr stimmt, denn nicht 80 Prozent aller Kinder in der Wiener Innenstadt sind AHS-reif, genauso sind einige von den 80 Prozent, die in ländlichen Regionen die Hauptschule besuchen, jedenfalls AHS-reif! (Zwischenruf des Abg. Amon.) Im ersten Wiener Gemeindebezirk sind es sogar an die 90 Prozent. Aber das macht ja nichts! Die Zahlen sprechen für sich. Die Abstimmung mit den Füßen hat doch längst schon stattgefunden, Herr Kollege Amon. Das weißt du auch! Bei Podiumsdiskussionen sprichst du auch deine eigene Meinung aus und nicht immer nur die Parteimeinung. (Abg. Amon: Ich spreche immer meine Meinung aus!) Da sind die Gespräche mit dir sicherlich eher progressiv, verglichen mit den Gesprächen in diesem Hohen Hause.

Für die ÖVP mag es sogar ein kleiner Schritt nach vorne sein, eine hochschulartige Einrichtung zu verwirklichen. Aber daß ihr Sozialdemokraten da mitzieht, halte ich einfach für einen riesigen Rückschritt der Sozialdemokratie in Bildungsfragen. Die Sozialdemokratie hat damit ihre ursprünglich von mir sehr geschätzten bildungspolitischen Zielsetzungen ganz klar aus den Augen verloren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.10

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nun hat sich dieses Rednerpult ein zweites Mal am heutigen Tag als Wahlkampfbühne dargeboten, diesmal für die Liberalen – soll sein. (Abg. Schaffenrath: Für die Grünen auch!) Ich habe nicht erwartet, daß hier ... (Abg. Öllinger: Jetzt kannst du!) Nein, ich werde Ihnen sagen, worum es uns wirklich gegangen ist. Ich habe nicht erwartet, daß hier seitens der Opposition Positives erkannt wird. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Aber ich erinnere mich noch sehr gut an die Diskussion, als wir die Integration eingeführt haben. Auch damals hat es geheißen: Unter diesen Rahmenbedingungen geht das alles sowieso daneben. Warten wir ein paar Jahre ab, dann werden wir schon sehen!, haben Sie gesagt. Heute können wir feststellen, daß 47 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf integriert sind. Zwar sind noch immer mehr als 50 Prozent in den ASO-Klassen, aber damals haben wir auch gesagt, Frau Kollegin: Das ist ein Prozeß, und er wird sich entwickeln. Wir sind hier, glaube ich, sehr gut unterwegs. Ähnlich war es bei der Autonomie und bei anderen Dingen.

Ich stehe zu dem, was ich in der Presseaussendung formuliert habe: Dieser Schritt ist für die Sozialdemokratinnen und -demokraten ein ganz besonders wichtiger Schritt und eine der wichtigen Weichenstellungen der letzten Jahrzehnte. Es sind nicht erst 25 Jahre vergangen, seit wir in einem Parteiprogramm das erste Mal davon gesprochen haben, sondern das ist schon mehr als 70 Jahre her. Es war nämlich das Linzer Parteiprogramm von 1926, in dem die SPÖ gesagt hat: Wir fordern eine gemeinsame vollakademische Ausbildung für alle Lehrerinnen und Lehrer.


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