Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 151

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Dietachmayr zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu den beiden Anträgen möchte ich folgendermaßen Stellung nehmen:

Ich glaube, man muß sich diese Thematik sehr genau anschauen und überlegen. 6 000 S bis 8 000 S an Grundeinkommen für jeden Österreicher – egal, ob er erwerbstätig ist oder nicht, entweder direkt ausbezahlt oder in Form einer Steuergutschrift –, das ist der Kerngedanke dieses liberalen Modells. Dafür sollen jedoch fast alle Sozialleistungen abgeschafft werden, wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe, Familienbeihilfe und Karenzgeld. Auch die Pensionen würden für alle nur noch 8 000 S betragen. Damit der Lebensstandard im Alter abgesichert werden kann, müßten Arbeitnehmer zusätzlich in eine private Pensionsversicherung einzahlen.

Kritiker – und deren gibt es viele, von verschiedensten Seiten – warnen vor weiteren negativen Folgen dieses Modells. Das Grundeinkommen käme auch Reichen zugute, und die Armen blieben arm. Auftrieb erhielten all jene Kräfte – und vor allem solche! –, die die These vertreten: Frauen zurück an den Herd und zu den Kindern! Kinderbetreuungseinrichtungen könnten zum Luxus werden, da ohne Förderung und ohne unbedingte Notwendigkeit, weil es ja eine Grundsicherung gäbe.

Schließlich wäre auch zu befürchten, daß sich der Staat seiner Verantwortung für die Beschäftigungspolitik entzieht, da ja ohnehin alle Staatsbürger versorgt wären.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Politik können wir uns nicht anfreunden. Ich möchte Ihnen am Beispiel Oberösterreich zur Sozialhilfe folgendes sagen: In Oberösterreich beziehen derzeit rund 1 800 Personen Sozialhilfe. Für eine alleinstehende Person beträgt sie rund 6 300 S im Monat, mit einem zusätzlichen Mietenzuschuß kann ein Sozialhilfeempfänger rund 7 500 S bekommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier.)

Bei einem Grundeinkommen von 6 000 S, Herr Abgeordneter Kier, erhielte dieser Sozialhilfeempfänger monatlich sogar um 1 500 S weniger als jetzt! Die nicht berufstätige Gattin eines Einkommenmillionärs bekäme dagegen um 6 000 S mehr. – Ich frage Sie, wo da nur annähernd soziale Gerechtigkeit bestünde!

Einfach ist der Zugang zur Sozialhilfe ohnehin nicht. Arbeitswilligkeit ist Voraussetzung. Nur dann, wenn Arbeit nicht zumutbar oder praktisch unmöglich ist – das wissen Sie –, wenn kein näherer Angehöriger über ein Einkommen verfügt und wenn absolut kein Besitz vorhanden ist, wird sie gewährt.

Gerade heute ist in den "Oberösterreichischen Nachrichten" ein Artikel zu diesem Thema erschienen. Unter der Überschrift: "Die Sozialutopie Grundsicherung läßt sich nur schwer finanzieren" sagt der Sozialökonom Christoph Badelt – ich zitiere –: "Wenn man von einem Betrag von 8 000 S ausginge, dann wäre es nicht finanzierbar." – Auch stellt er in Frage, "ob es Aufgabe des Sozialstaates ist, eine Gießkanne mit einem so großen Loch auszuschütten", und ich kann mich dieser Meinung nur anschließen.

Es ist auch interessant, was die FPÖ dazu sagt. Obwohl ich sonst nicht immer einer Meinung mit dieser Fraktion bin (Abg. Gaugg: Aber immer öfter!) oder nur sehr selten, muß ich Herrn Abgeordnetem Haupt zugestehen, daß er in einem Punkt recht hat, und zwar dann, wenn er einer Grundsicherung eine klare Absage erteilt, denn der Anreiz, arbeiten zu gehen, würde dann gegen Null sinken. Da gebe ich ihm völlig recht. Die Zahl der Erwerbstätigen würde sinken, und die Schwarzarbeit würde zunehmen.

Ich frage Sie überhaupt, meine Damen und Herren: Macht es Sinn, Einkommen und Beschäftigung zu entkoppeln? – Die Umsetzung der Vorschläge der Liberalen wäre möglicherweise mit


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