Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 126

Parallelität zur Europäischen Union! So wie wir eine gemeinsame Währung haben, sollten wir auch eine gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik haben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Selbstverständlich muß es eine emanzipierte Lösung für Europa geben, nicht eine, die ausschließlich im Kielwasser, im Windschatten oder auf dem Trittbrett der Vereinigten Staaten von Nordamerika läuft. Sie sind unsere Freunde und Partner, aber wir sollten uns von ihnen in dieser Frage emanzipieren, damit wir uns nicht täglich den Vorwurf anhören müssen: Ohne daß wir etwas tun, kann ohnehin nichts geschehen!

Die Balkankrise hat deutlich gezeigt: Hätte Europa eine gemeinsame Außen- und Sicherheits-politik, eine stringente, hätte es andere Möglichkeiten gegeben, vielleicht früher etwas zu erreichen und nicht erst, nachdem vorher wochenlang Tausende Tonnen von Bomben geworfen werden mußten.

Immerwährende Neutralität im internationalen Raum heißt auch absolute Verläßlichkeit, Herr Bundeskanzler. Sie haben ja selbst gesagt, im internationalen Raum werde die österreichische Position gelegentlich nicht richtig verstanden, daher müsse man da etwas tun. Aber man kann doch nicht den Leuten im internationalen Raum vorgaukeln, die immerwährende Neutralität Österreichs wäre bloß eine Bündnisfreiheit, nur deswegen, weil wir das gerne so hätten.

Daher will ich mit aller Deutlichkeit noch einmal sagen, Herr Bundeskanzler: Die Wahrheit ist den Wählern zumutbar! Und daher war Ihr Vorschlag, den Sie jetzt nicht als Diskussionsverbot bezeichnen, sondern als einen Art Friedenspakt, ein undemokratischer Vorschlag, denn etwas für fünf Jahre außer Streit stellen und es dem Wähler für fünf Jahre vorenthalten, das ist ungesund für eine Demokratie. Wenn eine Demokratie die Auseinandersetzung um ihre sicherheitspolitische Zukunft nicht mehr aushält, dann gibt sie sich in einer ihrer vitalsten Fragen selbst auf. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Denn es ist eine der vitalsten Fragen: Wie werden wir uns in einer militärischen oder sonstigen Krise verhalten? Wie werden wir uns verteidigen, was werden wir tun können? Das ist eine vitale Frage, und diese dem Wähler vorzuenthalten, ist ein Fehler. (Abg. Dr. Schmidt: Und was ist mit der Bundesheerreform vier Jahre lang?) Und die Bundesheerreform kann dann auch vier Jahre im Nirwana "geparkt" werden. Das ist den Leuten, die in diesem Heer arbeiten, auch nicht zumutbar, das ist eine Unverschämtheit diesen Menschen gegenüber, die endlich wissen möchten, in welche Richtung sich das Heer weiterentwickeln soll, in welche Richtung es reformiert werden soll. Soll es aufgehen in einer europäischen Armee, oder soll es weiterhin so tun, als ob es ein Heer wäre, das etwas leisten kann, obwohl wir ihm kein Geld geben?

Das ist nicht gut, man muß hier Farbe bekennen. Und Farbe bekennen heißt, die Karten auf den Tisch zu legen. Ich hoffe, daß jetzt endlich dieses Nebelwerfen aufhört, daß endlich dieses Verdummen der Menschen aufhört, daß man endlich ehrlich sagt, was Sache ist. Das wäre uns ein echtes Anliegen, und das ist ein Problem, das wir in Österreich lösen müssen. Da können wir nicht warten, bis uns irgend jemand auf internationaler Ebene hilft. Auf der internationalen Ebene haben wir nämlich schon sehr viel an Reputation verloren – durch unsere knieweiche Positionierung einerseits und durch unsere Unaufrichtigkeit andererseits.

Ich bin auch ein bißchen unterwegs, vielleicht nicht in so staatstragenden Kreisen wie Sie, Herr Bundeskanzler, ich treffe vielleicht nur einfachere Menschen, die allerdings auch sehr politisch sind, und ich kann Ihnen sagen: Man wundert sich landauf, landab, wie ein Staat, der noch bei Sinnen ist, von sich behaupten kann, daß er immerwährend neutral ist, obwohl er gleichzeitig mit der Ratifizierung des Vertrags von Amsterdam eindeutig alle Voraussetzungen geschaffen hat, beliebig in militärische Konflikte eingreifen zu können. Ein immerwährend neutraler Staat darf sich nicht einmal in die Lage versetzen, in militärische Konflikte eingreifen zu können. Das ist ein echter Völkerrechtsbruch, und das ist nicht gesund für ein kleines Land, das darauf angewiesen ist, daß Recht Recht bleibt. Unser Freund ist das Völkerrecht, und wir treten es mit Füßen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.04


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