Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 155

Des weiteren schlug Familienminister Bartenstein vor, daß das Karenzgeld zu 100 Prozent aus dem Familienlastenausgleichsfonds ausbezahlt werden soll. Damit bräuchten die Arbeitgeber die Beiträge in die Arbeitslosenversicherung nicht mehr einzuzahlen, und es wäre eine tatsächliche Lohnnebenkostensenkung von 2,5 Milliarden Schilling gegeben. – Das ist der erste brauchbare Vorschlag, Lohnnebenkosten tatsächlich zu senken.

Karenzgeld für alle bedeutet also, Familienarbeit, Kinderbetreuung anzuerkennen bei optionaler Pensionsvorsorge, Lohnnebenkosten zu senken, Familie und Beruf besser zu vereinen, denn das Zuverdienen während der Karenzzeit soll selbstverständlich möglich sein. Kurzum: Wir arbeiten an der Umsetzung zum Betreuungsscheck Schritt für Schritt in Verantwortung für unsere Familien, für künftige Generationen, aber auch in Budgetverantwortlichkeit, für die Wahlfreiheit und für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Inge Jäger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.57

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es gibt tatsächlich zwei konträre, zwei unterschiedliche Ansätze in der Familienpolitik.

Da gibt es erstens jene, die die Familienförderung in den Vordergrund stellen, damit Frauen nicht arbeiten gehen müssen, damit die Wahlfreiheit besteht. Man muß einmal fragen, ob diese Wahlfreiheit tatsächlich besteht, denn wenn die Frauen nach acht, zehn oder 15 Jahren wieder in den Beruf eintreten wollen, haben sie diese Wahlfreiheit nicht. Wir wollen, daß sowohl die Frauen als auch die Männer einer Erwerbstätigkeit nachgehen können – einer Erwerbstätigkeit, von der sie auch leben können. (Abg. Aumayr: Müssen!)

Frau Partik-Pablé! Ich muß Ihnen sagen, ich kenne viele Frauen an Supermarktkassen, die froh sind, daß sie diesen Arbeitsplatz haben. Daß diese Arbeitsplätze schlecht bezahlt sind, ist keine Frage, jedoch sollte man dabei die Wirtschaft anklagen. Ich würde mir wünschen, daß wir in Zukunft gewerkschaftlich höhere Löhne für diese Frauen bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Die Supermarktkassen sind die Selbstverwirklichung der eigenen Persönlichkeit!)

Wir wollen natürlich auch, daß es möglich ist, Beruf und Familie zu vereinen. Das entspricht auch dem Lebensmodell der großen Anzahl der jungen Frauen in Österreich. Sie wissen genau, daß bei der Debatte über das Frauenvolksbegehren Frau Dr. Rosenberg, Universitätsprofessorin aus Wien, ein Modell aufgezeigt hat, bei dem sie drei nordische Länder verglichen hat. Dort gibt es viele Angebote von Kinderbetreuung, es gibt die Teilzeitmöglichkeit für Väter und Mütter, es gibt niedrige Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, und es ist tatsächlich so, daß es eine sehr hohe Frauenerwerbsquote gibt und auch die Geburtenrate wesentlich höher ist als in allen anderen Ländern. In den südlichen Ländern Portugal, Spanien und Italien – dort gibt es die niedrigste Geburtenrate – gibt es eine niedrige Frauenerwerbsquote, hohe Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen und wenig Angebote für die Kinderbetreuung.

Bei der Familienförderung ist eben Geld nicht ausschlaggebend. Wir haben eine sehr hohe finanzielle Leistung, und ich finde es wirklich unerträglich – ich habe es hier schon einmal gesagt –, wenn man jungen Frauen noch immer suggeriert, die Ehe oder der Staat würde sie finanziell absichern. Denn nur die Berufstätigkeit ist für junge Frauen eine Möglichkeit, bis zum Pensionsalter Geld zu verdienen und auch einen Anspruch auf Pension zu erwerben. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt eine neue Studie, aus der ganz klar hervorgeht, daß es in Ehen, in denen nur der Mann arbeiten geht, große Probleme gibt, wenn dieser arbeitslos wird. Die Scheidungsrate ist in diesen Ehen hoch, wenn ein Alleinverdiener arbeitslos wird.

Ich sehe noch ein Problem: Sie wollen offenbar die Frauen oder eine bestimmte Anzahl von Frauen von den Arbeitsplätzen verdrängen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Verdrängen wol


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