Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

9.32

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neunziger Jahre waren für das österreichische Bundesheer eine besonders bewegte Zeit. Unter der Verantwortung von Bundesminister Werner Fasslabend wurden viele Professionalisierungsschritte im Heer durchgeführt.

Nur einige Beispiele dazu: Es gab wesentliche Qualitätsverbesserungen bei der Ausbildung der Grundwehrdiener, der Unteroffiziere in der Heeresunteroffiziersakademie (Zwischenruf des Abg. Wabl) und in der Militärakademie als der Fachhochschule für Offiziere. Weiters zu nennen ist die Internationalisierung. Der Eintritt in die NATO-"Partnerschaft für den Frieden", die Schaffung eines Kommandos "Internationale Einsätze", mehr Professionalität durch die Einführung der Militärpersonen auf Zeit anstelle des seinerzeitigen Systems der unterprivilegierten Zeitsoldaten – übrigens eine Erfindung des Herrn Ministers Frischenschlager –, die Ausbildung von Offizieren früherer Oststaaten in der Landesverteidigungsakademie, die bald universitären Status erlangen wird, sowie die neue Heeresgliederung, die mehr Qualität und weniger Quantität gebracht hat, sind erwähnenswert.

Außerdem wurden dem Regierungspartner tatsächlich viele Beschaffungen abgerungen. Ich nenne nur die Lenkwaffen, mobile Radaranlagen, das Mech-Paket, Splitterschutzwesten, Kampfhelme, Ausbildungssimulatoren und EDV-Systeme für alle Führungskommanden. Nochmals, meine Damen und Herren: Vieles ist gelungen, aber eine Reihe von dringenden Anschaffungen liegt noch vor uns, wie zum Beispiel der Truppenfunk als einheitliches Kommunikationssystem für alle Waffengattungen, die Erneuerung der LKW-Flotte, moderne Pionierbrücken, Transportflugzeuge für militärische Einsätze und für Katastrophenhilfe im In- und im Ausland sowie neue Luftraumüberwachungsflugzeuge, die dem Stand der Technik entsprechen. (Abg. Haupt: Das haben wir vor zehn Jahren schon gehört! Bis heute ist nichts geschehen!) Damit, meine Damen und Herren, ergibt sich zwingend, daß in den nächsten vier Jahren wesentlich mehr Geld für das Bundesheer ausgegeben werden muß. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Was habt ihr denn die letzten Jahre gemacht?)

1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wäre das Minimum; das muß für alle – für alle! –, die Landesverteidigung und Friedensvorsorge ernst nehmen, ein großes Anliegen sein. (Abg. Scheibner: 13 Jahre Reduktionen beim Heer! 13 Jahre reduzieren, 13 Jahre kaputtmachen!)

Zur aktuellen Diskussion, Kollege Scheibner: Wehrpflicht oder Berufsheer? – Jeder, der das österreichische Mischsystem zwischen Berufssoldaten, Grundwehrdienern und Milizsoldaten in Richtung eines Berufsheeres mit einer Freiwilligenmiliz verändern will, muß eines sehen – das wurde auch in der TV-Diskussion "Zur Sache" sehr klar festgestellt –: Alle bisher diskutierten Modelle – mit einer realistischen Truppenstärke – kämen die österreichischen Steuerzahler doppelt so teuer wie das derzeitige System der allgemeinen Wehrpflicht. (Abg. Wabl: Naturalsteuer!) Das ist die Realität, und das gilt auch für das Modell der FPÖ. (Abg. Wabl: ... mit ihrem Leben! Wir nehmen den 18jährigen die Lebenszeit weg!)

Für eine ernsthafte Diskussion über ein anderes Wehrsystem sind meiner Meinung nach zwei Voraussetzungen unabdingbar. Erstens: die Einbindung Österreichs in einen europäischen Sicherheitsverbund, selbstverständlich im Rahmen von WEU und NATO. Zweitens: die Finanzierungsgarantie für einen größeren Anteil an Berufssoldaten sowie für ein Anreiz- und Entlohnungssystem für Milizsoldaten, welches diesen Namen tatsächlich verdient.

Das Modell mit 15 000 Berufssoldaten, das vom Sprecher der SPÖ, Josef Cap, vorgeschlagen wurde – nachzulesen in der Ausgabe des "profil" vom 5. Juli 1999 –, oder der vom Sprecher der Grünen vorgeschlagene Stand von 13 000 Mann oder Frau als Berufsheer – da geht es ja anscheinend nur darum: Wer bietet weniger? (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser) – sind Vorschläge, die nicht nur naiv sind, sondern die an Fahrlässigkeit grenzen.


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