Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 45

ohnehin schon auf einfachgesetzlicher Ebene steht, in Zukunft aufrecht bleiben soll, aber daß es uns von liberaler Seite seit Jahren nicht gelungen ist, auch die Kernfusion in diesem Bereich hineinzunehmen. Es war nicht möglich, insbesondere von der ÖVP zu erreichen, daß man zustimmt, daß die Kernfusion ebenfalls keine Variante der Energiegewinnung ist. Das ist etwas, was offenbar auf internationaler Ebene, auch von der ÖVP, augenzwinkernd anders gesagt wird, als es in Österreich getan wird.

Die SPÖ, verhaftet in ihrem Koalitionsbestreben und ihren Koalitionsversprechungen, ist nicht in der Lage, dieses so essentielle Merkmal, das eine konsequente Anti-Atompolitik in Österreich ausmachen würde, einzufordern und zu sagen: Okay, dann lassen wir doch eine Mehrheitsentscheidung in diesem Hause zu und schauen, ob nicht nur die Kernspaltung, sondern auch die Kernfusion hineingenommen werden kann. – Daher, meine Damen und Herren, ist festzuhalten: Hier ist offenbar noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten.

Am 13. November 1996 galt es auf europäischer Ebene im Europäischen Parlament einen Antrag abzustimmen, der besagt hat, Veränderung des EURATOM-Vertrages – eines Gründungsvertrages der Europäischen Union – dahin gehend, daß es keinen weiteren Ausbau der Kernkraft gibt und in Wahrheit alle Institutionen zu Sicherungsinstitutionen umfunktioniert werden. Dieser Antrag ist mit den Stimmen und nur mit den Stimmen der ÖVP-EU-Abgeordneten niedergestimmt worden.

In der Folge hat man behauptet, das sei ein Irrtum gewesen. Ich will es gerne glauben, mich wundert nur, warum dann bis heute kein weiterer Vorstoß von der jetzt mittlerweile größten Fraktion im Europäischen Parlament – nämlich den Konservativen – gemacht worden ist, um den Euratom-Vertrag dahin gehend zu ändern. Das ist bisher nicht getan worden, und man hat eine historische Chance versäumt. Das, meine Damen und Herren, kennzeichnet auch in hohem Maße die Anti-AKW-Politik, die von der österreichischen Bundesregierung gemacht wird: Man versäumt immer wieder historische Chancen.

Da, Frau Bundesminister, muß man festhalten, daß nicht nur die Änderung des Euratom-Vertrages eine solche versäumte historische Chance ist. Es hat auch mich gewundert, als wir mit einer Delegation des Umweltausschusses in Tschechien waren, daß zumindest bei den Parlamentariern die Position Österreichs nicht klar gewesen ist. Es stimmt, was hier von Abgeordnetem Schweitzer ausgeführt worden ist, nämlich daß erst die österreichische Delegation des Umweltausschusses offenbar in jener Konsequenz die Position klarlegen konnte – zumindest vor dem Parlament –, wie Sie es immer behauptet haben, in Tschechien ohnehin getan zu haben. Es ist sogar soweit gegangen, daß der Vorsitzende des tschechischen Umweltausschusses gesagt hat, er wolle doch das Originalpapier sehen und nicht nur die Übersetzung unseres mitgebrachten Kommuniqués, weil manches an Härte in der Formulierung enthalten ist, was er bisher nicht gekannt hat.

Hier möchte ich insbesondere davor warnen, meine Damen und Herren, daß sich die Bundesregierung in Zukunft so quasi dieses Themas schämt, daß man sich international so vorkommt, als würde man irgend etwas ganz Eigentümliches verlangen, und auf der anderen Seite nicht konsequent vorantreibt, daß beispielsweise alle Kosten, die mit der Nutzung der Atomkraft verbunden sind, in Zukunft auch etwa in einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie eingefordert werden. Denn wahr ist doch, daß, wenn man alle Kosten der Atomkraftnutzung – vom Beginn an, vom Bau bis über das Abwracken von Atomkraftwerken und bis hin zur Endlagerung der Brennstäbe – einrechnen würde, niemand in diesem Europa Atomkraftwerke bauen würde.

Daher müssen wir sehen, daß der Aufbau etwa der mächtigen Kernindustrie in Frankreich auch eine militärische Komponente hat. Gerade Herr Abgeordneter Khol hat dazu heute gesagt, in bezug auf die Produktion von Atomwaffen müßten wir eine Änderung herbeiführen, und zwar weltweit. – Angesichts dessen müßte man gerade in der Europäischen Union eine solche Änderung herbeiführen, und hier kann die österreichische Regierung vorbauend etwas bewirken.

Dazu, meine Damen und Herren, wird es aber gerade von den Regierungsfraktionen notwendig sein, daß sie auf internationaler Ebene nicht zwei verschiedene Positionen vertreten, daß sie diese Position mit jener Konsequenz, mit der sie offenbar in Österreich, weil es der Wunsch der


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