Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 15

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Ich meine, daß wir mit dem § 68a Ehegesetz einen Schritt gesetzt haben, der sich in der Praxis wird bewähren müssen. Es ist das ein verschuldensunabhängiger Unterhalt bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen.

Ich kann mir vorstellen, daß, wenn man Erfahrung mit diesem Institut hat, die Vorbehalte auf dem Weg zu einer noch weitergehenden verschuldensunabhängigen Scheidungsfolgenrechtsregelung abebben werden, insbesondere auch im Hinblick auf internationale Vergleiche. Zu Beginn dieser Woche war die Schweizer Kollegin bei mir; die Schweizer sind nunmehr auch weg vom Verschuldensprinzip hin zum Zerrüttungsprinzip und zum verschuldensunabhängigen Bedarfsanspruch nach der Scheidung gegangen. Auch diesbezüglich wird man Erfahrungen im Ausland beobachten können. Ich meine, daß das dazu beitragen wird, dieses Thema zu entkrampfen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Frau Abgeordnete Schaffenrath, bitte.

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Minister! Scheidung ist immer noch eine Armutsfalle für Frauen – und wird es nach dem neuen Scheidungsrecht leider auch bleiben. Das Eherechtsänderungsgesetz hat insbesondere auf Betreiben der ÖVP noch immer frauenfeindliche Regelungen und hält auch nach wie vor am Abhängigkeitsprinzip fest. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die pensionsversicherungsrechtlichen Folgen einer Ehescheidung waren auch der Hauptgrund, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, um die Frage!

Abgeordnete Maria Schaffenrath (fortsetzend): ... warum an der verschuldensunabhängigen Scheidung festgehalten wurde. – Ich komme schon zur Frage, Herr Präsident! – Es waren wohl politische, aber vor allem auch budgetäre und systematische Gründe ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Abgeordnete! Das widerspricht der Geschäftsordnung. Eine kurze Zusatzfrage, bitte!

Abgeordnete Maria Schaffenrath (fortsetzend): Herr Minister! Haben Sie sich persönlich und mit welchen Argumenten dafür eingesetzt, daß diesen Gründen nachhaltig entgegengearbeitet werden kann, und mit welchem Zeithorizont rechnen Sie, daß wir ein modernes Ehe- und Scheidungsrecht realisieren können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister. (Abg. Dr. Khol: Das sind zwei Fragen, Herr Präsident! – Abg. Dr. Kostelka: Drei! – Abg. Dr. Khol: Das waren vier Fragen, Herr Präsident!)

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Vor allem durch die Kappung der Vorerzählung weiß ich jetzt nicht, welche der Gründe Sie angesprochen haben. Ich meine, die Rechtsreform ist eine permanente Aufgabe der Justizpolitik. Auch da wird man entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklung weiter fortschreiten müssen. Ich meine, daß das auch im Ehe- und Ehescheidungsbereich gilt, im besonderen Maße deshalb, weil das ein gesellschaftlich sehr sensibler Bereich ist, und daß daher derjenige, der die Justizpolitik bestimmt – wer auch immer das sein wird –, mit Fragen der Fortentwicklung konfrontiert sein wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Haller, bitte.

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Beim kürzlich beschlossenen Eherechtsänderungsgesetz wurde eine Chance vertan, und zwar diejenige, Frauen bei der Scheidung pensionsrechtlich besser abzusichern als bisher. Ich finde es sehr eigenartig, daß jetzt gerade die ÖVP dieses Thema wieder aufgreift.

Meine Frage dazu: Herr Bundesminister, wie sehen Sie aus Ihrer Sicht die Umsetzungsmöglichkeiten für den freiheitlichen Vorschlag einer besseren Pensionsabsicherung, der dahin


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