Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 22

pflichtgesetzes auf diesem Rechtsgebiet vorzubereiten, die besonders darauf abstellt, daß die Interessen der Geschädigten besser berücksichtigt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Es haben sich auch im Haftpflichtrecht grundsätzliche Entwicklungen angebahnt, wobei nicht immer der Vergleich mit dem Ausland angebracht ist. Die Horrorzahlen, möchte ich fast sagen, die wir hin und wieder vor allem aus überseeischen Gebieten hören, sind sicherlich nicht nachahmenswert. Vor allem aber müssen wir bedenken, daß wir in Österreich eine Situation haben, wo vor allem Schäden an der Person in großem Maße von der öffentlichen Hand oder von den Sozialversicherungsträgern aufgefangen werden – ein Zustand, der für die Geschädigten den Vorteil hat, daß der Sozialversicherungsträger nicht nach einem Mitverschulden des Geschädigten an dem Schaden frägt.

Grundsätzlich aber haben Sie recht, daß in der Lehre und auch bei den Praktikern der bisherige Grundsatz, der das österreichische Schadenersatzrecht beherrscht, der da lautet: Grundsätzlich hat den Schaden der Geschädigte zu tragen, es sei denn, eine gesetzliche Bestimmung gewährt ihm einen Schadenersatz, heute nicht mehr eine Selbstverständlichkeit ist und daß hinsichtlich der Grundkonstruktion eine Bewußtseinsänderung stattgefunden hat. Das wäre der Ausgangspunkt, das im übrigen auch sehr zersplittert geregelte Schadenersatzrecht einer einheitlichen Regelung zuzuführen. Das ist natürlich ein Mammutprojekt, das erst wissenschaftlich aufgearbeitet werden muß und vor allem auch auf seine wirtschaftlichen Konsequenzen hin untersucht werden müßte.

Also ich würde meinen, das ist ein Projekt, das einen weiteren Horizont als ein oder zwei Legislaturperioden hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Grenzüberschreitende Umweltereignisse geben immer wieder Anlaß zur Sorge. Meine Frage ist: Wie werden diese grenzüberschreitenden Ereignisse innerhalb der EU-Staaten, aber insbesondere auch im Hinblick auf die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten von den allenfalls geplanten Regelungen erfaßt und im Sinne der Verbesserung der Sicherheit und des Schutzes der Bevölkerung geregelt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Derzeit haben wir ein zersplittertes Haftungsrecht innerhalb der EU, weil es im wesentlichen an einheitlichen materiellen Vorschriften mangelt. Die Grundsätze allerdings sind durchaus vergleichbar, sodaß wir, wenn wir jetzt von der Frage des Gerichtsstands absehen, auch bei uns eintretende Schäden, die vom Ausland verursacht werden, verfolgen können.

Hinsichtlich der Beitrittskandidaten stellen grundsätzliche Haftungsfragen sicherlich auch einen Gegenstand der Beobachtung dar und werden in die Heranführungsstrategie mit einbezogen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Fekter, bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Minister! Sie haben vorhin im Rahmen der Frage 3 Kollegin Bauer bezüglich der Haftung im Zusammenhang mit dem Jahr-2000-Problem zur Antwort gegeben: Wir haben ausreichende Haftungsbestimmungen, wir brauchen keine Sonderregelung.

Warum halten Sie es für gerechtfertigt, im Umweltbereich Sonderbestimmungen vorzusehen, aber das Allgemeine Schadenersatzrecht durch Sonderhaftungsbestimmungen auszuhöhlen, insbesondere bei der Prüfung von Verschulden, Kausalität und Beweislast?


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