Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 35

dort anerkannt werden. Ich meine aber andererseits, daß es sehr schwierig ist, wenn man ein Gesetz entwickelt und dabei zuwenig Rücksicht auf andere Meinungen nimmt.

Zeit war genug, das ist kein Schnellschuß. In meinen Augen ist ein Gesetz, das nur ein paar Seiten umfaßt, bei dem es aber ein Jahr lang gedauert hat, bis es gekommen ist, kein Schnellschuß. (Abg. Dr. Graf: Es hat nicht ein Jahr gedauert!) Es war Zeit genug, es vorzubereiten. Ich glaube daher nicht, daß man den Vorwurf erheben kann, der Herr Minister hätte zu schnell gearbeitet, sondern ich meine, daß gravierende Bedenken nicht berücksichtigt wurden.

Das erste ist: Welche Leitlinien gibt es in der Wissenschaftspolitik? Welche Ziele stecken wir uns? Was wollen wir im tertiären Bildungssektor erreichen? – All diese Fragen wurden nicht beantwortet. Es kommt zur Bildung eines Fleckerlteppichs in jenen Gesetzesmaterien, die die Hochschule betreffen – und das halte ich für extrem gefährlich!

Man kann doch bitte nicht ununterbrochen irgendwelche Puzzle-Teile einfügen und dann behaupten, man hätte eine "Vision". – Man hat sie nicht! Ich glaube, in der nächsten Legislaturperiode – Sie, Herr Professor Lukesch, werden dann nicht mehr hier sein, werden mir diesbezüglich aber sicherlich beipflichten – wird es notwendig sein, daß sich die nächste Bundesregierung am Anfang damit befaßt, was sie am Ende erreichen will, damit nicht ununterbrochen irgendwelche Bruchstücke verändert werden müssen. Das verwirrt doch bitte die Studienkommissionen!

Man darf nicht vergessen, daß die Studienkommissionen in letzter Zeit ihre Arbeit eingestellt haben, weil sie verunsichert sind, weil sie nicht gewußt haben, welches Gesetz kommen wird, welche Möglichkeiten sie haben und wie sie das unter Umständen in ihren eigenen Bereich adaptieren können oder nicht. Das halte ich für sehr, sehr schade.

Jene Studienkommissionen, die ihre Arbeit beendet haben, können ihre Arbeit jetzt in den Papierkorb schmeißen, weil sie unter Umständen völlig neu beginnen müssen. Das halte ich für eine Mißachtung der Arbeitskapazität auf den Hochschulen. Man hätte das in einem Guß machen müssen. Bakkalaureat ist ein Thema, das schon längst – nicht nur erst seit letztem Sommer – auf dem Tapet ist, und daher hätte man das viel früher erkennen und den Studienkommissionen in einem Paket den Auftrag geben müssen, nicht nur zu schauen, wie sie ihre Studien jetzt selbst gestalten können, sondern auch, wie sie die Drei – beziehungsweise Zweigliedrigkeit in ihrem eigenen Bereich adaptieren können.

Ich finde es schade, daß man so viel Zeit verstreichen ließ, daß Leute dafür gearbeitet haben, jetzt aber zur Kenntnis nehmen müssen, daß sie neu anzufangen haben.

Und es geht noch weiter: Bei diesem Gesetz sind einige Dinge unklar. Wie ist es eigentlich im technischen Bereich? Wo fügen sich in diesem System die Fachhochschulen ein? Wo gibt es dann die Kurzstudien? Wo gibt es die Studien, die Bakkalaureat anbieten? Wo gibt es die Studien, die Diplomingenieure ausbilden und so weiter? Es herrscht in manchen Bereichen totale Verwirrung; und das hat sich natürlich auch bemerkbar gemacht.

Die Briefe, die wir bekommen haben, sind doch nicht ohne Grund geschrieben worden. Das waren besorgte Bürgerinnen und Bürger, und es gab Hunderte von Briefen, die ich bekommen habe. (Abg. Dr. Niederwieser: Serienbriefe waren das – und sonst gar nichts!) Glauben Sie mir, dadurch wurde mein Sekretariat wahrlich blockiert. Aber ich nehme diese Anliegen und Sorgen sehr ernst. Vielleicht haben sie die Frist in bezug auf eine Stellungnahme verpaßt, aber einzelne Bürger sind wohl kaum in der Lage, Fristen für Gesetzesmaterien einzuhalten. Also haben sie nur mehr die Möglichkeit, wenn das Gesetz vorliegt, zu reagieren. Jede einzelne dieser Personen hat das Recht, ernst genommen zu werden, hier darf nicht pauschal diffamiert werden.

Weiters: In puncto Finanzen ist nichts geklärt. Es wurde uns in Vorbereitung zu diesem Gesetz erzählt, daß durch Umschichtungen und Umwandlungen Kapazitäten auf der Universität freiwürden, die für ein dreigliedriges System zur Verfügung gestellt werden könnten. – Ja natürlich,


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