Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 71

denen es vielen Menschen ökonomisch nicht sehr gut geht, in denen diese Menschen vielleicht arbeitslos sind oder nicht mehr wissen, wie sie ihr Studium weiter finanzieren sollen? Glauben Sie nicht, daß durch solche Aushänge Menschen in Gefahr gebracht werden können? – Da steht kein Wort von irgendeinem Risiko, kein Wort darüber, daß es hier um Arzneimitteltests geht und kein Wort davon, daß, wie gesagt, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Richtung gehen, daß bei 51 Prozent der zugelassenen Präparate schwerste Schäden am Menschen aufgetreten sind! Kein Wort gibt es darüber!

Auf Zigarettenpackungen muß richtigerweise mittlerweile ein Warnhinweis stehen. Aber da geht es um Arzneimittel, um Präparate, die Menschen – gesunde Menschen; ich betone, es werden gesunde Menschen gesucht – einnehmen sollen!

Das oberste Prinzip sollte wirklich sein, keinen Schaden zuzufügen und in höchstem Maße sorgfältig zu sein. Ich glaube, von diesem Prinzip haben uns auch die Tierversuche weggeführt, aber dieses Prinzip gilt es zu korrigieren.

Meine Damen und Herren! Soviel zum Grundsätzlichen. – Ich würde mir jedenfalls wünschen, daß wir vielleicht einmal von Österreich aus – und das kann etwas sein, was sich in weiterer Folge auch ökonomisch bezahlt macht – diese Validität der Tierversuche im Rahmen einer großen Studie prüfen. Wir sollten wirklich einmal die Ergebnisse von Arzneimitteltests, von Chemikalientests und so weiter zusammentragen. Ich denke, wer nur mit einem auf die Mauern des Labors eingeengten Blick forscht, dem entgehen globale Gefahren wie Ozonloch und ähnliches.

Es wäre wirklich notwendig, in größeren Dimensionen zu denken und mit Computersimulationen, mit alternativen Tests zu arbeiten – und nicht nur zu versuchen, die isolierte Giftigkeit einzelner Substanzen einzufangen. Das geht nicht, das führt in eine Sackgasse.

Meine Damen und Herren! Warum sollte Österreich in diesem neuen Bereich einer nicht grausamen, einer auf den Menschen zentrierten Forschung nicht Bahnbrechendes leisten? Österreichische Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben bereits bewiesen, daß sie das können, und ich glaube, das wäre ein Bereich, der Österreich auch international enormes Ansehen brächte.

Die Bereitschaft an den österreichischen Universitäten ist allemal gegeben. Ich denke, man sollte diese Validitätsforschung auch wirklich einmal ermutigen und unterstützen.

Ein Allerletztes zu diesem Gesetz. Wie gesagt, es greift aus meiner Sicht viel zu kurz. Ein weiterer Grund, warum ich nicht zustimmen kann, ist die Tatsache, daß es mittlerweile sogar hinter dem EU-Recht zurückbleibt. Ich sage, ohne die Grundsatzfrage noch einmal aufzugreifen: Solange Tierversuche für eine breite Schicht im Bereich der Forschung noch als unverzichtbar gelten, solange sollten wir zumindest den Konsens bilden, daß mit den Tieren so schonend wie möglich umzugehen ist. In diesem Zusammenhang ist es mir unverständlich, warum über zehn Jahre lang keine Verordnungen über die Haltung von Versuchstieren erlassen wurden und keine Einbindung von Erkenntnissen aus der Zoologie, der Verhaltensforschung stattgefunden hat. Wie gesagt, das ist völlig jenseits der Grundsatzfrage.

Des weiteren bedauere ich, daß Österreich im Vergleich zu seiner früheren Position – Österreich hatte einmal eine Art Vorreiterfunktion; ich denke dabei an die Heraushebung der Tiere aus dem Sachbegriff – gewaltig zurückgefallen ist.

Das Wissenschaftsministerium ist säumig bei der Abschaffung obsoleter Testmethoden; ich denke dabei etwa an den LD-50-Test in allen seinen Varianten und den Draize-Test. Diese Tests sind mittlerweile als wissenschaftliche Sackgassen identifiziert und gehören per sofort abgeschafft. Sie schaden den Menschen, und die Versuchstiere hätten, wie gesagt, zumindest solange sie noch für einen fragwürdigen Zweck – unter Anführungszeichen – "verbraucht" werden dürfen, wohl den Anspruch, daß sie wie Lebewesen, wie Tiere, wie fühlende Geschöpfe behandelt werden.


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