Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 118

(Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haller: Darum haben wir den Herrn Stuhlpfarrer gebraucht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in der Politik eine Reihe von Verantwortungen, die wir haben, aber ich glaube, eine der größten Verantwortungen, die wir haben, ist es, der Jugend eine Chance zu geben, der Jugend eine Zukunft zu geben und der Jugend eine Ausbildung zu geben. Und dafür tritt diese Bundesregierung, trete ich besonders ein. (Neuerlicher lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haller: Und der Herr Stuhlpfarrer!)

Weil eben in der ersten Hälfte des Jahres 1997 diese Gefahr bestand, haben wir gemeinsam etwas unternommen, und dabei haben viele mitgewirkt: Es haben die Unternehmen mitgewirkt, die Sozialpartner, die Arbeiterkammer, die Gewerkschaften, die Bundeswirtschaftskammer, die Gemeinden und die Länder. Sie alle haben an einer nationalen Kraftanstrengung für Jugendausbildung mitgewirkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muß auch ganz offen sagen, daß wir damals aufgrund der gegebenen Situation ein Zuschußsystem für Unternehmen hatten, das etwas ungerecht war. Jene Unternehmen, die am Anfang brav Lehrlinge aufgenommen haben, waren eigentlich benachteiligt, denn jene, die am längsten gewartet haben, haben die höchsten Pro-Kopf-Förderungen für Lehrlinge bekommen. Wir haben es damals, 1997, geschafft, statt 36 000 Lehrstellen 40 000 Lehrstellen zu schaffen, also erstmals eine Trendumkehr zu erreichen.

Wir haben gelernt, ich glaube, sehr gut gelernt. Wir haben gemeinsam mit den Sozialpartnern für die Jahre 1998 und 1999 ein neues System von Lehrlingsunterstützung durch betriebliche Anreize geschaffen. Wir haben es zum Beispiel möglich gemacht, auch jetzt im Rahmen der Steuerreform, den Unternehmen 60 000 S Freibetrag für Lehrlinge zu geben. (Abg. Gaugg: Wozu haben Sie denn dann den Herrn Stuhlpfarrer und Ihren Sohn gebraucht?) Wir haben eine bürokratische Entlastung vorgenommen. Wir haben eine Schiedsstelle eingerichtet. Wir haben gemeinsam neue Lehrberufe verabschiedet. Alle diese Maßnahmen haben zu einer Verbesserung der Situation beigetragen.

Aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir in der Bundesregierung sehr klar und deutlich gesagt: Wir wollen nicht mehr in eine Situation der Erpreßbarkeit kommen, und daher bekennen wir uns dazu, daß wir dieses Sicherheitsnetz für überbetriebliche Lehrwerkstätten, Stiftungsmodelle und Berufsausbildungslehrgänge geschaffen haben. Das primäre Ziel ist weiterhin die duale Ausbildung, und ich möchte daher, daß die Unternehmen die nun gegebenen Chancen – es war noch nie so kostengünstig, es war noch nie so einfach, Lehrlinge aufzunehmen! – auch wirklich wahrnehmen. Sie haben schließlich eine Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bekenne mich aber auch dazu, daß wir, bis die demographische Spitze, die wir nun haben, wieder abklingt, dieses Sicherheitsnetz aufrechterhalten müssen, um tatsächlich jedem Lehrstellensuchenden, jedem, der eine Lehrstelle will, auch ein Angebot machen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran, was Herr Scheibner vor kurzem ausgeführt hat. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die offizielle Statistik des AMS: Wir hatten Ende Juni eine nahezu ausgeglichene Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Wir hatten in etwa 2 100 Lehrstellensuchende und etwa 2 000 offene Lehrstellen, also eine nahezu ausgeglichene Situation. Es ist jedes Jahr im Juli und August – weil die Schüler plötzlich Lehrstellen suchen (Abg. Scheibner: Die sind da noch gar nicht drin!) – so, daß die Zahl der Lehrstellensuchenden wieder zunimmt, aber ich hoffe, daß sie, wenn wir uns gemeinsam anstrengen, auch wieder sinken wird.

Ich habe manchmal den Eindruck, da wird auf dem Rücken der Lehrstellensuchenden, auf dem Rücken der Jugend so eine Art Ideologie betrieben. (Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Haller: Zur Sache, Herr Bundeskanzler! Reden Sie doch über den Proporz, reden Sie zur Sache!) Da gibt es auf der einen Seite eine starke Kapitalismuskritik in der Form, daß man sagt, den Unternehmen soll man gar nichts geben, man soll zuschauen, wie diese Unternehmen in ihrer Pflicht versagen, und dann werden wir schon sehen, was für ein Problem entsteht.


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