Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 135

bestimmten Bereich eingehen, und zwar auf eines meiner gerne gewählten Beispiele, nämlich die Oesterreichische Nationalbank beziehungsweise deren Funktionäre.

Meine Damen und Herren! Die Bestellung der Funktionäre der Notenbank wird durch das Notenbankgesetz geregelt, das glaubt sicherlich zumindest ein Student des Verfassungsrechts aus dem fernen Südostasien, wenn er nach Österreich kommt und hier studiert.

Die Wirklichkeit schaut so aus – ich zitiere –:

"Vereinbarung:

1. Es besteht Einvernehmen, zum Präsidenten der Nationalbank" Herrn XY "zu ernennen. Das Vorschlagsrecht für den 1. Vizepräsidenten hat jene große Fraktion, die nicht den Präsidenten stellt.

2. Das Vorschlagsrecht der beiden großen Fraktionen zur Sicherung der Parität im Generalrat und Direktorium gilt weiterhin als vereinbart. Dies impliziert ein Vorschlagsrecht bis jeweils zur Hälfte der existierenden Funktionen in beiden Gremien.

3. Es gilt als vereinbart, daß das Vorschlagsrecht für den Generaldirektor jener großen Fraktion zugebilligt wird, die nicht den Präsidenten stellt. Das Vorschlagsrecht für den stellvertretenden Generaldirektor hat jene große Fraktion, die den Präsidenten nominiert.

Es wird vereinbart, daß keine der beiden großen Fraktionen die jeweils andere im Generalrat, im Direktorium oder im Exekutivkomitee majorisiert. Dies heißt auch, daß vom Dirimierungsrecht kein Gebrauch gemacht wird." – Zitatende. Es ist schön, wenn das auch einmal im Stenographischen Protokoll steht, denke ich.

Falls Sie rätseln, wer mit den "beiden großen Fraktionen" gemeint sein könnte: Das sind SPÖ und ÖVP! Unterschrieben wurde diese Vereinbarung von den beiden Parteivorsitzenden Vranitzky und Mock, und zwar am 12. Juli 1988, "bestätigt ,in allen Punkten‘" – lese ich hier – 1990 von Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer. Im übrigen stammt dieses Dokument aus der "Presse" vom 8. September 1993. – Das ist die Wirklichkeit.

Ich habe vor genau zwei Jahren eine Serie von Anfragen an den Bundeskanzler, den Vizekanzler und an den Finanzminister gerichtet, ob ihnen diese Vereinbarung, die auf dem sogenannten Honolulu-Abkommen beruht, bekannt ist, ob das immer noch gültig ist und wie sie dazu stehen. Und ich habe natürlich die erwartete Antwort darauf bekommen, nämlich sinngemäß: Geh dich brausen, Kollege, denn erstens sind wir nicht zuständig, zweitens ist die Angelegenheit, nach der du fragst, keine der Vollziehung und drittens kennen wir das Ganze nicht!

Diese Anfragebeantwortung hat mich ein bißchen gekränkt, denn eines hasse ich wie die Pest – das können Sie mir glauben –, nämlich wenn man mich für blöd hält (Abg. Dr. Fekter: Das tut niemand, Herr Professor!) oder verkaufen will. – Es ist sehr freundlich von Ihnen, Kollegin Fekter, wenn Sie das sagen, aber diese Art der Anfragebeantwortung ließ mich doch auf etwas anderes schließen. (Abg. Ing. Langthaler: Die verkaufen uns nur für blöd!)

Der Proporz – darauf hat Kollege Peter, glaube ich, schon sinngemäß hingewiesen – hat einige fähige und einige unfähige Leute an die entsprechenden Stellen in der Verwaltung und vor allem in staatsnahen Unternehmungen befördert. Zu den fähigen Leuten zähle ich zum Beispiel Gertrude Gugerell in der Nationalbank von den Roten oder Johannes Ditz in seinen verschiedenen Funktionen bei den Schwarzen.

Darum geht es aber nicht, sondern es geht darum, daß zum Beispiel mein Kollege Georg Winckler, Professor der Volkswirtschaftslehre, Spezialist für Banken und Währung, als er sich vor zwei Jahren für das Direktorium der Nationalbank beworben hat, "natürlich" keine Chance hatte. Warum hatte er keine Chance? – Kein Mensch hat seine Qualifikation bezweifelt – das


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