Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 13

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Für das Amt des Dritten Präsidenten schlage ich unseren bisherigen Klubobmann Andreas Khol vor. Vorzustellen brauche ich ihn wohl nicht. Er ist zweifellos ein begeisterter und wohl auch begnadeter Parlamentarier, der viele positive Eigenschaften, die man von einem Volksvertreter erwartet, wirklich in sich trägt. Er ist einer, der in Wort und Schrift scharfzüngig und pointiert sich und seine Meinung ausdrückt, der zu Grundsätzen steht, der aber nie – auch wenn der Konflikt noch so hart gewesen sein mag – die Brücke zum Gespräch abgebrochen hat, einer, der in der Präsidiale Erfahrung gesammelt hat und auch stellvertretender Vorsitzender im Verfassungsausschuss gewesen ist. Ich meine, er ist ein sehr guter Kandidat, daher schlagen wir ihn vor. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Mein Dankeschön gilt natürlich auch dem ausgeschiedenen Zweiten Präsidenten, den wir von unserer Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode nominiert haben und der, wie ich glaube, über alle Fraktionsgrenzen hinweg breiteste Zustimmung gefunden hat. Heinrich Neisser kam dem Idealbild eines Volksvertreters über viele Jahre und Jahrzehnte sehr, sehr nahe. Wir bedauern schmerzlich, dass er nicht mehr diesem neu gewählten Nationalrat angehört. Daher an dieser Stelle ein aufrichtiges Dankeschön an ihn. (Allgemeiner Beifall.)

Neu ist – das haben Vorredner bereits gesagt –, dass wir heute vier Parteien im Parlament haben; davon sind drei annähernd gleich stark. Die qualifizierte Mehrheit ist eigentlich nur möglich, wenn sich quasi ein über die bisherigen zwei Parteien hinaus gehender Konsens bildet. Das wird für das Parlament, wie ich glaube, auch neue Möglichkeiten, neue Chancen bringen. Vielleicht ist es manchmal komplizierter oder schwieriger, zu einem Konsens zu kommen, aber ich jedenfalls finde, dass das diesem Hause nicht schaden wird und dass man, wenn dies mit Verantwortung und Sensibilität geschieht, zweifellos einen guten Weg gehen wird.

In diesem Sinne finde ich es auch sehr richtig, dass der Bundespräsident auf Grund dieser besonderen Situation jetzt inhaltliche Sondierungsgespräche über die Zukunft des Landes in den Vordergrund rücken will. Wir werden uns in Wahrnehmung unserer Verantwortung gerne an diesen Zukunftsgesprächen beteiligen, denn ich finde, dass nach den großen Aufgaben der vergangenen Legislaturperiode – die EU-Integration Österreichs, der Sparkurs, der Stabilitätskurs, der uns immerhin seit drei Jahren primär Überschüsse im Staatshaushalt beschert, wenn man nur die laufende Rechnung des Jahres, die Einnahmen/Ausgaben hernimmt und die Kosten für frühere Staatsschulden, Zinsen und Tilgungen beiseite lässt – jetzt eben andere Prioritäten gefragt sind: etwa der Umbau des österreichischen Erfolgsmodells, mehr Investition statt in Immobilien oder in Bestehendes in Forschung, in die Zukunft. Der öffentliche Sektor, der in Europa insgesamt wesentlich höher ist als in Amerika, über 10 Prozent höher, ist in Österreich noch einmal ein Stück höher als der europäische Schnitt, daher ist in der nächsten Legislaturperiode Effizienz statt Sparpakete gefragt.

Ziel ist eine wettbewerbsstarke, ökologisch ausgerichtete soziale Marktwirtschaft – statt eines menschenverachtenden Neoliberalismus oder einer umweltfeindlichen Wegwerfgesellschaft. Dafür setzen wir uns ein! (Beifall bei der ÖVP.)

Europa bleibt natürlich gleichzeitig Schicksal und Chance für uns. Von der Erweiterung der Union bis zur Integration in die Euro-Zone – in zwei Jahren haben wir das Euro-Geld –, bis hinein in die Schaffung einer europäischen Friedensordnung ist Europa für uns die entscheidende Zukunftschance. Gerade wir von der Volkspartei sind die klassische Europa-Partei und haben nicht vor, davon auch nur ein Jota abzumindern oder zurückzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber es ist auch ein neuer sozialer und gesellschaftlicher Konsens gefragt, und zwar dahin gehend, wie man den Schwachen hilft, ohne dabei die Starken zu entmutigen oder zu überfordern; wie man Neugier auf die Zukunft weckt, statt weiterhin das Ausruhen auf wohlerworbenen Rechten zu propagieren; wie man die Leidenschaft an der Politik wach hält, ohne dabei Hass und Verachtung gegenüber Andersdenkenden oder woanders Geborenen zu schüren.

In diesem Sinne meine ich, dass insgesamt ein neuer Stil hier im Hohen Hause erforderlich sein wird. Ich möchte auch hier ganz offen aussprechen: Mich als Christdemokrat hat es betroffen gemacht, wie in der Endphase des Wahlkampfes, in der die Emotionen ohnehin hochgehen –


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