Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 17

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reich. Das System der proportionalen Einbindung der Kräfte in alle Institutionen hat daher nicht mehr jene stabilisierende Funktion, die sich aus der Geschichte ableiten lässt.

Ich möchte aber doch in aller Deutlichkeit hier anmerken, dass das auf der anderen Seite nicht bedeuten kann, dass sich die politischen Kräfte völlig aus dem Gestaltungsprozess der Gesellschaft zurückziehen. Ich meine, es wäre fatal, es wäre falsch, zu meinen, dass politisch interessierte und engagierte Menschen von verantwortungsvollen Aufgaben im öffentlichen Dienst und in der öffentlichen Wirtschaft ausgeschlossen sein sollen. Dadurch würden wir uns doch zum Handlanger einer Entwicklung machen, die für unsere Demokratie zu einer gegenteiligen, ja mitunter sogar gefährlichen Situation führen könnte.

Politisches Engagement – da wird mir hier wohl jeder Recht geben – stellt doch die eigentliche Grundlage jeder Demokratie dar. Politik und Parteien sind daher an sich etwas Wertvolles, weil Menschen, die politisch denken, die politisch handeln und die Verantwortung auch für andere übernehmen wollen, in dieser Situation Profil zeigen und ihre Aufgaben und ihre Verantwortung wahrnehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wer daher meint, Politik und Parteien sollten keine Rolle mehr spielen, dürften keine Bedeutung mehr haben, bringt doch damit auch zum Ausdruck, dass Politik eigentlich nichts wert ist. – Ich meine jedenfalls, dass eine solche Einstellung nicht richtig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Was würde denn das bedeuten? – Wir würden die Gesellschaft und viele wichtige Funktionen in dieser Gesellschaft verantwortungslosen Technokraten – im wahrsten Sinne des Wortes! – überlassen, die keine Meinung und keine Einstellung zu ihrer Arbeit, den Menschen und der Gesellschaft gegenüber haben.

Politik bedeutet aber, wie ich meine, Verantwortung, bedeutet Gestaltungswillen für die Gesellschaft. Und Politik ist auch Gestaltungsauftrag der Gesellschaft – legitimiert durch demokratische Wahlen. Dazu bedarf es aber politisch interessierter Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft, und dazu braucht man letztendlich auch ein Instrument zur Umsetzung.

Wir brauchen daher – dazu bekenne ich mich – in der Verwaltung gesellschaftlich und politisch interessierte und engagierte Menschen. Wir brauchen Beamte, die nicht nur die Buchstaben des Gesetzes erfüllen und diese auswendig können, sondern wir brauchen auch solche, die sich Gedanken über die Auswirkungen der Gesetze auf den Bürger machen. Ich sage daher selbstverständlich ja dazu, dass sich der öffentliche Dienst die besten Köpfe sucht, dass die fachliche Eignung bei Stellenbesetzungen genauestens geprüft wird und die Voraussetzung für eine Aufnahme im öffentlichen Dienst darstellt.

Für eine Aufnahme in den öffentlichen Dienst gilt ja daher auch seit 1989 das Ausschreibungsgesetz, und es gibt seither für alle Aufnahmen Ausschreibungen und Testverfahren. Das Ausschreibungsgesetz hat Information und Zugang in Bezug auf alle freien Stellen zu ermöglichen, es garantiert moderne Personalauswahlverfahren, und die Personalaufnahme wird durch überprüfbare Verfahren objektiviert. Dass es dabei immer wieder auch weitere Verbesserungen geben kann, möchte ich gar nicht in Abrede stellen.

Daher sage ich auch ein klares Ja zur ständigen Verbesserung von Auswahlkriterien. Dazu gibt es etwa jene Vorschläge, die SPÖ und ÖVP zur Objektivierung der Personalpolitik bei Neuaufnahmen und bei Beförderungen ausgearbeitet haben.

Es werden beispielsweise bundesweite anonymisierte Bewerbertests und Leistungsfeststellungen und eine stärkere Kontrolle auch der Ressortverantwortlichkeit vorgeschlagen. Dazu sage ich ja.

Ich sage aber nein – und das möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen – zu einer Verteufelung der Politik und zu einem öffentlichen Dienst, in dem politisches Denken und Engagement von Menschen ein Hinderungsgrund dafür wäre, beruflich tätig zu werden oder weiterzukommen.


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