Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 22

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jenem Beurteilungsinstrument wider, das es für Firmen, die sich am Markt bewegen, gibt: nämlich in der Bilanz dieses Unternehmens, die vom Kapitaleigner zu beurteilen ist.

Was die Missachtung solcher Kriterien verursachen kann, das haben wir in der verstaatlichten Industrie erlebt, die sich zwar am Markt hätte behaupten müssen, die aber durch Missachtung solcher Prinzipien an die 100 Milliarden Schilling verloren hat. Es war die ÖVP, die die Privatisierung in diesem Bereich als einzig taugliches Instrument zu einer Gestaltung der in diesen Unternehmen gefällten Entscheidungen durchgesetzt hat, damit sich diese Unternehmen auf dem Markt behaupten konnten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Völlig anders verhält es sich allerdings im gesamten Bereich der öffentlichen Verwaltung. Es gibt das Beurteilungsinstrument der Bilanz, also des unbestechlichen, unparteiischen Zeugnisses für diesen Sektor nicht. Das bringt aber mit sich, dass in diesen Einrichtungen auch ein Geist, ein Selbstverständnis von Wettbewerb, von Ergebnisorientierung nicht per se und automatisch entstehen kann. Das heißt, dass Personalentscheidungen, wenn sie ohne Berücksichtigung dieser Qualitätsanforderungen gefällt werden, dort nicht automatisch die "Strafe" des Marktes oder der Kapitaleigner nach sich ziehen. – Ich weiß schon, diese Aussage kann man so nicht stehen lassen, denn sie wäre übertrieben und würde eine Generalisierung auch in Bezug auf all jene Leistungsorientierten in diesen Organisationen, in dieser öffentlichen Verwaltung bedeuten. Denn die Leistungsorientierten dort leiden ja selbst unter dieser fehlenden Zeugnisverteilung.

Wie kann die Lösung für diese Situation aussehen? – Wenn schon keine Output-Beurteilung im Sinne der Privatwirtschaft möglich ist, dann greift man zu Mitteln, den Input, also die Suche und die Auswahl der Mitarbeiter, anders zu gestalten. Das haben wir mit dem Stellenbesetzungsgesetz und anderen Instrumenten getan. Es gibt, da diese Instrumente noch nicht in ausreichendem Maße greifen, neue Vorschläge – Khol und Kostelka haben sie vorgelegt –: etwa anonymisierte Tests, unabhängige Kontrollinstanzen, Einzelentscheidung der Minister in ihren Ressorts statt der Kollektiventscheidung des Ministerrates. Wenn der Minister schon für das, was in seinem Verwaltungsapparat geschieht, den Kopf hinhalten soll, dann muss er auch die Verantwortung für die Stellenbesetzung alleine übernehmen können.

Was wir aber zweitens brauchen, ist auch eine neue Philosophie der Personalführung. Sie ist nicht ganz neu: Instrumente wie Zielvereinbarungen, Mitarbeitergespräche und -beurteilung, Wettbewerb zwischen Behörden oder auch leistungsorientierte Bezahlung sind ja teilweise schon eingeführt oder auf dem Wege der Einführung, und sie werden uns bei der Zielerreichung helfen.

Der erste Ansatz, den ich erwähnt habe, Input-Instrumente, ist eher ein defensiver. Der zweite, mehr Wettbewerb, mehr Leistungsbewusstsein und -orientierung in der Verwaltung, bedingt und bewirkt eine Bewusstseinsänderung auch bei den dort Tätigen. Behörden, die im Wettbewerb stehen – und es gibt schon Beispiele dafür, wie etwa Bezirkshauptmannschaften, die miteinander im Wettbewerb um kürzere Bewilligungsfristen stehen, und so weiter –, rekrutieren auch ihr Personal anders und nach anderen Gesichtspunkten.

Das, was wir im gesamten öffentlichen Sektor brauchen, geschätzte Damen und Herren, ist genau diese öffentliche Diskussion, die wir jetzt führen, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend):  ... ist ein neues Selbstverständnis in Richtung Leistungs- und Ergebnisorientierung, in Richtung mehr Wettbewerbselemente. Das führt automatisch zu einem neuen Umgang – und muss es auch führen – mit dem Thema Parteizugehörigkeit. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Der Herr Finanzminister – das ist mein letzter Satz! – hat schon darauf hingewiesen. Es kann einerseits nicht sein, dass es keinen Posten ohne Parteibuch gibt, es kann aber bitte das Pendel jetzt auch nicht in die andere Richtung ...

10.41


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