Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 86

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Beratungen über die erste Lesung des Bundes-Tierschutzgesetzes.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Dr. Eva Glawischnig und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Anti-Atompolitik der Bundesregierung und Schließung des slowakischen Atomkraftwerkes Bohunice (30/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich rufe die Dringliche Anfrage der Frau Abgeordneten Glawischnig auf.

Die Dringliche Anfrage ist in der Zwischenzeit verteilt worden. Es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die österreichische Bundesregierung scheint in der Atompolitik nicht mehr handlungsfähig. Nach einem monatelangem, strategielosen Zickzackkurs scheint es sowohl zwischen ÖVP und SPÖ in der Regierung als auch innerhalb der SPÖ keine klare Atomlinie mehr zu geben. Die Frage der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung droht im Parteienstreit und Koalitionsgeplänkel unterzugehen. Insbesondere die von der Slowakei angebotenen Schließungsdaten für das AKW Bohunice (V1) stellen eine massive Bedrohung für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung dar.

Das slowakische Atomkraftwerk Bohunice entspricht in keinster Weise international üblichen Sicherheitsstandards. Sogar die slowakische Atomaufsichtsbehörde verweigert seit 1995 die mehrjährige Zulassung wegen fehlender Nachrüstungen. Bohunice V-1 ist nach wie vor eines der gefährlichsten AKW der Welt überhaupt. Die größten Sicherheitsprobleme sind das mangelhafte Notkühlsystem, die Versprödung des Reaktordruckbehälters und das Fehlen von Leck-Detektionssystemen. Am schwerwiegendsten ist jedoch die fehlende Stahl-Beton-Schutzhülle ("Containment"), die in westlichen AKW üblich ist. Nicht zu Unrecht hat die Europäische Union festgestellt, dass Bohunice nicht auf das erforderliche Sicherheitsniveau gebracht werden kann und daher so rasch als möglich stillzulegen ist.

Das slowakische Atomkraftwerk Bohunice stellt ein riesiges Gefahrenpotential dar – nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa. 1998 wurde der erste Reaktor von Mochovce trotz internationaler Proteste in Betrieb genommen. Im Gegenzug sollten die beiden V-1-Hochrisikoreaktoren von Bohunice im Jahr 2000 außer Betrieb gehen. Durch den slowakischen Regierungsbeschluss vom 21. April 1999 wurde dies jedoch verhindert. Für Ende des Jahres ist außerdem die Inbetriebnahme von Mochovce 2 geplant. Auch Mochovce 3 und 4 sollen fertiggebaut werden.

Das erwiesenermaßen unsichere Atomkraftwerk Bohunice muss so rasch wie möglich geschlossen werden. Österreich kann eine Schließung mit 2006/2008, wie sie derzeit von der Slowakei angeboten wird, nicht akzeptieren.

Zu klären ist auch die Frage nach den Kosten, die der Slowakei bei einer früheren Schließung des Atomkraftwerkes Bohunice entstehen würden. Nach Angaben der Slovenske Electrarne, die auch von der slowakischen Regierung übernommen wurden, würde eine frühere Schließung von Bohunice V1 eine jährlichen Verlust von rund von 5 Mrd. Kronen (rund 1,5 Mrd. ÖS) bedeuten. Aus Sicht der Grünen sind diese Zahlen jedenfalls überprüfungsbedürftig. Jedenfalls muss im Zuge der Verhandlungen sichergestellt werden, dass Zahlungen für den Ausstieg in nicht-nukleare Ersatzoptionen fließen.

Ein kurzer Überblick über die Ereignisse der letzten Wochen:

22. September 1999:


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