Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 112

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Lassen Sie mich eines sehr deutlich sagen, Herr Finanzminister: Die Volkspartei bekennt sich zur sozialen Treffsicherheit. Aber in der Familienförderung bedeutet die Kürzung oder Streichung von Familienbeihilfen steuerpolitische Konsequenzen. Das heißt dann bitte: Familienbesteuerung! Dann ist soziale Treffsicherheit tatsächlich auch bei der Familie möglich. Wir bekennen uns dazu, dass wir soziale Treffsicherheit zur Finanzierbarkeit brauchen – aber dann mit den entsprechenden Konsequenzen, wie sie auch das Höchstgericht aufgezeigt hat!

Ein weiterer Punkt: Es wird Sie auch nicht wundern, dass wir die Funktion der ÖIAG anders sehen, Herr Minister. Wir sehen die Aufgabe der ÖIAG – und da hat die ÖIAG bisher eigentlich sehr erfolgreich gehandelt – als Privatisierungsagentur. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Es ist meines Erachtens ein Rückfall in überholte, gescheiterte Positionen, zu sagen, die ÖIAG solle Kernaktionär spielen, sie solle gleichsam wieder Unternehmer spielen. – Wenn der Staat in der Wirtschaft Unternehmerfunktion ausübt, dann heißt das, dass die Politik in der Wirtschaft ist. Wir aber sind für den Rückzug der Politik aus der Wirtschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Edlinger –: Ich schicke dir das Protokoll!)

Ganz objektiv noch ein weiterer Punkt der Kritik, Herr Finanzminister. Wir waren eigentlich viele Jahre hindurch immer einer Meinung darin – das war in jeder Budgetdebatte zu hören –, dass das Budget das Gesamtkunstwerk der Bundesregierung und die zentrale Drehscheibe der Regierungspolitik ist. (Abg. Gaugg: Aber ich glaube, die ÖVP-Minister haben auch nichts zur Konsolidierung beigetragen!) Jetzt zu sagen: Wo man sparen soll, das sollen die einzelnen Minister von sich aus vorschlagen, und ich, der Finanzminister, bin gleichsam aus dem Schneider!, so einfach, denke ich, geht es nicht, wenn man sich zum Gesamtkunstwerk der Bundesregierung bekennt! (Abg. Gaugg: Sehr gewagte Aussage, "Gesamtkunstwerk"! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja kein Gemälde!)

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Ich bin überzeugt davon, dass die Frage der Seriosität in der Budgetpolitik in hohem Ausmaß darüber entscheiden wird, welche Regierungskonstellationen wir in den nächsten Jahren haben werden. Die Fragen: Kraft der Erneuerung, inhaltliche Übereinstimmung und Verlässlichkeit einer künftigen Regierung werden sich in hohem Ausmaß in der Budgetpolitik stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war kein Zufall, dass der Herr Bundespräsident in seinem Zehn-Punkte-Katalog für die Sondierungsgespräche als Punkt 1 bewusst die Konsolidierung des Staatshaushaltes genannt hat. Denn Budgetpolitik ist klassische Politik im Sinne von Zukunftsgestaltung. Schulden aber sind verbrauchte Zukunft, und wir sind nicht bereit, diesen Weg zu gehen! (Beifall bei der ÖVP.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

16.33

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, die Freiheitlichen haben eine Anfrage gestellt, die tatsächlich dringlich ist, einen interessanten Text und interessante Fragen enthält. Zwei Lücken hat sie allerdings meiner Ansicht nach. Das eine – darauf wurde schon hingewiesen – ist das, was die Freiheitlichen selbst wollen: Flat-Tax, Aufrüstung des Bundesheeres und NATO-Beitritt sowie Kinderscheck. (Abg. Scheibner: Bundesheer ist wichtig!) Wenn ich nur diese drei Dinge hernehme, komme ich schon auf 150 bis 160 Milliarden Schilling oder 6 Prozent des BIP an zusätzlichem Defizit. (Abg. Scheibner: Nein!)  – Lassen wir das dahingestellt. Das war nicht Inhalt Ihrer Anfrage, aber das hätte ich hinzugefügt – ich bin ja auch nicht Mitglied der Freiheitlichen Partei. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Mit Ihrer Benzinpreis-Erhöhung! – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Der zweite Punkt ist der, dass Ihre Anfrage ausschließlich an den Finanzminister gerichtet ist. Ich habe schon heute Vormittag gesagt: Die ÖVP hängt da genauso drinnen. Es ist absolut absurd, wenn Kollege Stummvoll hier herauskommt und sagt, er habe mit dem Ganzen nichts zu tun. (Abg. Dr. Stummvoll: Das habe ich nicht gesagt!) Das Budgetschlamassel hat uns die


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