den könnte. Das ist deswegen signifikant, weil damit praktisch jeder Gruppe von Abgeordneten, die genügend Stimmen hat, um in dieses Hohe Haus zu kommen, also das Mindesterfordernis von 4 Prozent nach der Wahlordnung erreicht, gleichzeitig auch der Fraktionsstatus zuerkannt wird.
Ein Diskussionsthema zwischen der Mehrheit und der Minderheit dieses Hauses war in den letzten Jahren stets das Recht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Diesbezüglich gibt es in Europa zwei unterschiedliche Ansichten: die einen betrachten das als Ausdruck des Mehrheitsrechtes, in etwa gleich viele haben es als Minderheitsrecht eingerichtet. Wir Sozialdemokraten haben am Beginn dieser Legislaturperiode als Zeichen eines Neubeginns, auch eines neuen Verhältnisses zwischen Regierung und Parlament, für uns in Anspruch genommen, den Schritt vom Mehrheits- zum Minderheitsrecht zu machen. Ich halte das in diesem Zusammenhang für einen mutigen Schritt in die richtige Richtung – zu mehr Demokratie und zu mehr Kontrolle in unserem Land!
Meine Damen und Herren! Die Entscheidung, die wir gemeinsam in den nächsten Wochen zu treffen haben werden, ist, den Untersuchungsausschuss zu einem normalen Bestandteil des parlamentarischen Verfahrens werden zu lassen. Wir haben seit dem Jahre 1970 nahezu in jeder Legislaturperiode zumindest einen Untersuchungsausschuss gehabt, seit 1990 jedoch keinen mehr, und das wollen wir auf diese Art und Weise zu überwinden versuchen.
Wir werden dabei aber nicht nur gemeinsam den Untersuchungsausschuss vom Odium der Skandale befreien müssen, sondern auch die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, dass Zeugen nicht wie Angeklagte behandelt werden und es darüber hinaus im Verfahren auch wirklich allen gegenüber Fairness gibt. Das neue Verfahrensrecht wird ein wesentliches Instrument dazu sein.
Meine Damen und Herren! Wir bringen damit zum Ausdruck, dass eine Republik und eine Demokratie sowohl der Mehrheit, die die Regierung trägt, sowie auch der Opposition bedürfen und dass Kontrolle ein wesentlicher Bestandteil der Weiterentwicklung der Demokratie darstellt. – Einen Beweis für diese Auffassung bringen wir mit diesem Antrag.
Wir bekennen uns damit aber auch zu den Diskussionsaufgaben, die wir im Geschäftsordnungs-Komitee noch zu bewältigen haben, nämlich dass wir uns klarerweise darauf geeinigt haben beziehungsweise einigen werden, dass es, wie ich meine, ein Recht einer Minderheit auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gibt, dass aber die verfahrensleitenden Beschlüsse sehr wohl Mehrheitsbeschlüsse gemäß den Grundsätzen der Demokratie sein werden müssen.
Aber nicht nur das: Wir werden sicherlich auch noch darüber zu diskutieren haben, welche Sicherheit es gibt, dass im Rahmen der verfassungsrechtlichen Aufträge eine Begrenzung des Untersuchungsausschusses im Sinne der Verfassung besteht.
Letztlich werden wir auch über die Befristung zu diskutieren haben, denn ich glaube, dass Untersuchungsausschüsse, die zu lange dauern, eher die Tendenz haben, nicht mehr allzu viel zur Erklärung des Sachverhaltes beizutragen. Es gibt vermutlich sehr oft ein Interesse, den nächsten Untersuchungsausschuss anzufangen und nicht allzu lang beim alten Thema zu bleiben. – In dieser zeitlichen Begrenzung sehe ich nicht Kontrollfeindlichkeit, sondern Kontrolleffizienz.
Gerade im Hinblick auf eine Befristung werden wir sicherlich auch zu diskutieren haben, ob es nicht sinnvoll ist, eine Automatik im Wechsel der antragstellenden Fraktionen vorzusehen.
Die vor uns liegende Debatte soll und muss auch in ihrer Mächtigkeit beurteilt werden. Immer wenn Geschäftsordnungsdiskussionen in diesem Haus begonnen haben, hat es eine Tendenz zur Überfrachtung dieser Diskussionen gegeben. Daher möchte ich die Opposition heute schon einladen, diese Diskussion mit aller Beharrlichkeit und aller Geschwindigkeit zu führen, sich aber auch dessen bewusst zu sein, dass das Gesamtprojekt, wenn auf diesen Karren zusätzlich immer neue Problemen geladen werden, zumindest zeitlich verzögert wird.