Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 44

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nimmt, dass die Konjunkturlage im Jahr 2000 außergewöhnlich gut ist – daher nur 2,5 Prozent Defizit –, in einem Normaljahr jedoch das Budgetdefizit strukturell – automatisch, wenn Sie so wollen – auf 2,7 Prozent ansteigen würde.

Also die Hoffnung auf bessere Konjunkturdaten, darauf, dass damit automatisch eine Besserung einträte, liebe Kollegen auch von der FPÖ, denn Sie werden das mittragen müssen, wenn nicht verantwortlich sein in der kommenden Regierung, diese Hoffnung ist nicht nur trügerisch, sondern Sie sollten sich ihr nicht hingeben.

In diesem Zusammenhang eine weitere Altlast der gegenwärtigen Noch-Bundesregierung. Im "Standard" von gestern gibt es einen Artikel mit der Überschrift "Die Zahlungsunfähigkeit droht". Finanzminister Edlinger hat jetzt schon wiederholt darauf hingewiesen, dass im Mai, spätestens Juni 2000 der Artikel 51 Absatz 5 der Bundesverfassung quasi zuschlägt, und für diesen Fall ist jetzt – jetzt schon! – vorzusorgen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich bringe heute einen Initiativantrag ein, der dem Budgetausschuss zugewiesen wird, einen Initiativantrag, der besagt, dass wir ein so genanntes gesetzliches Budgetprovisorium brauchen. Herr Dr. Stummvoll weiß, worum es geht. Im Artikel 51 Absatz 5 gibt es ein "Fallbeil" für das automatische Budgetprovisiorium, dass die Hälfte der Neuverschuldung des letzten Jahres nicht überschritten werden darf. Je nachdem, welche Daten Herr Dr. Eder von der Bundesfinanzierungsagentur uns vorlegt, geht es dabei um einen Betrag von 120 bis 140 Milliarden Schilling, der sonst fehlt.

Ich bin wirklich aufs äußerste unangenehm überrascht, dass Herr Minister Molterer vor wenigen Tagen in der "Presse" erklärt hat, die ÖVP stimme einem gesetzlichen Budgetprovisorium nicht zu. Ich hoffe, dass Sie sich das in diesen Tagen noch überlegen, Herr Dr. Stummvoll, denn es sollte doch zumindest Ihnen klar sein, was Sie damit riskieren, wenn Sie mit dem automatischen Budgetprovisorium bis zur letzten Sekunde warten – was natürlich theoretisch möglich wäre.

Ich möchte zum Beispiel nicht mit einem Redakteur der "Financial Times" reden, der mir sagt: Hören Sie einmal, da steht schon in der Zeitung, die Republik Österreich ist zahlungsunfähig oder wird es demnächst sein, die Republik Österreich hat kein Budget für das Jahr 2000, die Republik Österreich hat keine Regierung. Was sagen denn Sie dazu? – Ich müsste sagen: Ja, das ist alles richtig.

Ist Ihnen beziehungsweise Herrn Minister Molterer klar, wie schnell sich der Spread, der Unterschied zu den deutschen Anleihezinsen, erhöhen kann? Das ist Ihnen das wert, dass es um 0,3, um 0,5 Prozentpunkte im Zinssatz eine "Prämie" – unter Anführungszeichen – geben kann, eine "Risikoprämie" für die österreichische Staatsschuld? Das können Sie sich an den Fingern einer Hand ausrechnen, dass das im Handumdrehen 3, 4, 5 Milliarden Schilling zusätzlich an Zinsen kosten kann. Und selbst wenn es nur 1 Milliarde wäre, ist sie beim Fenster hinausgeworfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Also ich hoffe, dass Sie im Budgetausschuss diesem Antrag auf Erlass eines gesetzlichen Budgetprovisoriums zustimmen. Ich kann Sie in diesem Zusammenhang nur an Ihre politische Verantwortung erinnern, die auch heute beschworen worden ist, ja nicht nur an Ihre politische Verantwortung, sondern an Ihre Verantwortung für das Geld des Steuerzahlers.

Was die neue Regierung, falls sie denn zustande kommt, in den kommenden Wochen zu tun hat, das liegt an und für sich bezüglich verschiedener Punkte auf der Hand. Wir werden mit größter Spannung beobachten, wie der neue Finanzminister das Budget konsolidiert, wie Ihr Partner von seinen früheren Positionen abrückt, etwa bezüglich der militärischen Aufrüstung, für die schlicht kein Geld da ist, etwa bezüglich der Steuersenkungsideen, denen einfach das Defizit entgegensteht. Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis dieser Verhandlungen.

Ich bin auch gespannt, was Sie beim Finanzausgleich machen werden. An und für sich ist die Position in gewisser Weise günstig: Sie stehen sieben Landeshauptleuten gegenüber, die entweder schwarz oder blau sind. Kommen Sie endlich zu Vereinbarungen bezüglich der Bezahlung und Budgetierung der Landeslehrer? Ich kann mich an viele Äußerungen von Herrn


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