Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 113

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deskanzler!) wird sich auch in Nizza daran erinnern müssen, dass das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs vom 26.Oktober 1955 auch in Nizza zu beachten ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl. ) Ich rate Ihnen gleich jetzt, sehr verehrter Herr Vizekanzler, in Zukunft in diesem Zusammenhang die EU-Mitwirkungsrechte des Hauptausschusses des Nationalrates sehr, sehr ernst zu nehmen. (Abg. Scheibner: Im Gegensatz zu bisher!) Ich fordere Sie auf, diese Positionen, die Sie in Nizza oder wo auch immer vertreten werden, vorher vor allem dann mit dem Hauptausschuss des Nationalrates abzustimmen, wenn in diesen möglichen Verträgen verfassungsändernde Bestimmungen enthalten sind. Sie werden unsere Zustimmung brauchen, und Sie werden sie nur dann bekommen, wenn wir der Auffassung sind, dass diese im Interesse Österreichs und seiner Zukunft liegt.

Ich sage Ihnen ohne Dramatik, aber in aller Entschlossenheit: Wir gehen davon aus und sind der festen Überzeugung, dass eine Verletzung oder Beeinträchtigung der Neutralität Österreichs nicht in Frage kommt. (Abg. Scheibner: Wie oft haben Sie diese selbst schon verletzt?) Wir werden in diesem Zusammenhang unter keinen Voraussetzungen einem diesbezüglichen Vertrag zustimmen, was immer auch die Nebenauswirkungen sein werden. Daher fordere ich Sie auf, in Nizza oder wo auch immer zu erklären, dass Sie einem Vertrag, der die österreichische Neutralität in Frage stellt, nicht zustimmen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Es mag schon sein – das hat auch der grüne Antrag durchaus deutlich gemacht –, dass es eine Zukunftsperspektive eines, wie es die Grünen nennen, europäischen Sicherheitssystems gibt. Im Hinblick darauf werden wir auch überlegen müssen, ob es nach der Realisierung einer europäischen Währung, einer europäischen Polizei und einer europäischen Gerichtsbarkeit nicht auch zu einer Europäisierung der Landesverteidigung kommen könnte. Dies würde als letzter Schritt bedeuten, dass in diesem Europa überhaupt keine Armeen mehr bestehen, mit denen diese 15 Staaten – oder wie viele auch immer –, gegeneinander Krieg führen können. Wir haben erklärt, solidarisch daran mitzuwirken, und dann werden wir auch diese Diskussion zu führen haben. Nicht in Frage kommt jedoch von unserer Seite – und das haben wir auch in den Verhandlungen über eine Regierung deutlich gemacht – ein Beitritt zur NATO, und es wird auch in Zukunft nicht so weit kommen.

Meine Damen und Herren von den Grünen! In Ihrem Antrag ist durchaus viel Vernünftiges enthalten, beispielsweise die Feststellung, dass es ein positiver, eigenständiger Beitrag Österreichs zum Frieden ist, zu dieser Neutralität zu stehen und eine aktive Neutralität zu betreiben. Ferner wird festgestellt, dass die Einbringung der Neutralität darüber hinaus ein sinnvolles Projekt hinsichtlich der Erweiterung der Europäischen Union ist und dass es letztendlich auch unsere besondere Verpflichtung ist, humanitäre Hilfsaktionen und Hilfe in der Entwicklung von Demokratie und Sozialstaat anzustreben.

Meine Damen und Herren! Hingegen können wir dem letzten Punkt Ihres Antrags nicht zustimmen, nämlich dem Hinweis, dass eine Volksbefragung stattzufinden hat. Denn ich muss Ihnen im Lichte dessen, was ich vorher gesagt habe, sagen, dass wir nicht zur Verfügung stehen, die Neutralität in welcher Form auch immer zur Disposition zu stellen. Sie ist geltendes Verfassungsgesetz. Und so, wie wir zum Beispiel auch über das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz oder über andere Dinge keine Volksbefragung abhalten, sollte und kann man meiner Meinung nach die Bevölkerung nicht immer wieder von Neuem vor jeder Regierungskonferenz fragen, ob sie ohnedies noch zur Neutralität steht.

Ich bin mit Ihnen überzeugt, dass die Neutralität einen tiefen Rückhalt in der österreichischen Bevölkerung findet, und etwas, was so klar ist wie die Unterstützung der Neutralität durch die österreichischen Bevölkerung, kann durch eine solche Volksbefragung im Grunde genommen nur relativiert werden.

Meine Damen und Herren! Wir werden in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren – und ich lade die Grünen dazu ein, zu unseren 65 Stimmen ihre 14 beizutragen – genau beobachten, ob diese Neutralität eingeschränkt oder auf kaltem Wege beseitigt wird. (Abg. Jung: Tempora mutantur!) Wir werden uns genau anhören – und Sie können jetzt schon diesbezügliche Anfragen erwarten –, ob Bundesminister Fasslabend das, was er in der Vergangenheit bereits


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