Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 116

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

das westliche Verteidigungsbündnis – dem wir viel zu verdanken haben, Herr Kollege Pilz! – nach wie vor als Feindbild.

Herr Kollege Kostelka! Wenn Sie heute wieder sagen, wir werden die Neutralität verteidigen, dann frage ich mich: welche Neutralität? – Noch einmal: Sie haben spätestens mit dem Beitritt zur Europäischen Union alle Grundsätze einer dauernden Neutralität verletzt. Deshalb sind wir auch, meine Damen und Herren von den Grünen, für eine Volksbefragung, wenn es etwa, was wir uns erhoffen, im Rahmen der Europäischen Union zu dieser Übernahme einer Beistandsgarantie – ich sage nicht "Verpflichtung" – kommen wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Vorher oder nachher? Das ist die Frage!) Natürlich vorher, Frau Kollegin, das ist ja logisch! Bevor es dazu kommt, soll man die Bevölkerung einbinden. Ich sage Ihnen, warum: weil man vor dem EU-Beitritt der Bevölkerung nicht die Wahrheit gesagt hat (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, richtig!), weil man vorher gesagt hat, dass wir als neutraler Staat in die Europäische Union hineingehen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir alle haben gewusst, dass das die Unwahrheit gewesen ist – selbstverständlich, denn die Europäische Union hat seit dem Maastrichter Vertrag, jetzt weiterentwickelt im Amsterdamer Vertrag, und letztlich natürlich seit den Kölner Beschlüssen ganz klar das Ziel einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, einer gemeinsamen Sicherheitspolitik aufgebaut. Das ist aber nicht einmal mit einem kleinsten Kern irgendeiner Neutralität zu vereinbaren.

Ich sage es jedoch hier noch einmal ganz deutlich: Wir bekennen uns dazu, dass Sicherheit in Zukunft nur gemeinsam organisiert werden kann. Es gibt heute keinen Konflikt mehr in Europa und wahrscheinlich auch nicht auf der Welt, der nicht zumindest eine mittelbare Auswirkung auf Österreich hat. Deshalb haben wir das Interesse, daran teilzunehmen und letztlich auch die Garantie der anderen Staaten für unsere Sicherheit in Anspruch nehmen zu können.

Was machen wir aber derzeit? Wir sind überall dabei, wo es gilt, Solidarität zu üben. Wir sind keine Trittbrettfahrer, wie das hier oft unterstellt wird, keineswegs! Wir machen überall mit, bei jedem Auslandseinsatz, bei KFOR, bei SFOR, überall sind wir dabei – kein Problem mit der Neutralität! Sie beschließen auch alles mit: Amsterdamer Vertrag – Kampfeinsätze zur Friedensschaffung, interessant! Kölner Beschlüsse, Überführung der Westeuropäischen Union, eines Militärpaktes, in die Europäische Union – kein Problem, wird alles mitbeschlossen!

Nur hier in Österreich wird dann anders argumentiert. Da wird das plötzlich sogar als ein Wahlkampfthema – ich sage es – missbraucht. Die Ängste der Bevölkerung vor Krieg und vor Unsicherheit zu missbrauchen, um Wählerstimmen zu bekommen, das ist wirklich letzte Klasse, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie gesagt: Wir übernehmen überall die Verpflichtungen. Doch wenn es darum geht, auch mitentscheiden zu können, wenn es darum geht, eine österreichische Position mit einzubringen, und wenn es darum geht, Österreich unter den Schutzschirm der Staatengemeinschaft zu bekommen, da sagen Sie plötzlich: Nein! Das ist ungefähr so, wie wenn ich zu einer Versicherung gehe und sage: Ich zahle die Versicherungsprämie, ja ich zahle die doppelte Versicherungsprämie, aber den Versicherungsvertrag möchte ich gar nicht sehen, und eine Garantie im Ernstfall möchte ich auch nicht haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Schöner Vertrag!) So stellt sich derzeit die Sicherheitspolitik Österreichs dar.

Da beschämen uns die Schweden. Wo sind denn die neutralen Staaten, meine Damen und Herren? Die Schweden haben schon gesagt, sie sind bündnisfrei und nicht neutral. Die Finnen haben schon gesagt, sie sind bündnisfrei und nicht neutral, weil die Neutralität ein Produkt des Kalten Krieges ist. Die Schweiz ... (Abg. Schieder: Beide haben gesagt, sie gehen nicht in die NATO!) Derzeit nicht – kein Problem!

Aber, meine Damen und Herren, Herr Kollege Schieder, die Schweiz hat uns beschämt – und Sie wissen es –, weil sie vor uns den Assoziierten-Status in der Parlamentarierversammlung der NATO beantragt hat, zu einem Zeitpunkt, als wir bereits vier Jahre lang darüber diskutiert hatten, ob es wirklich möglich ist, den österreichischen Status an den Status von Albanien und Bulgarien anzugleichen. (Abg. Schieder: Gut, aber die werden dann nicht so stark dabei sein!)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite