Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 117

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Herr Kollege Schieder, das ist doch das Widersinnige! Wenn wir darüber diskutieren, ob wir ausländische Soldaten durch Österreich durchfahren lassen, weil sie zu einer Evakuierungsübung fahren wollen, und das dann verweigert wird (Abg. Jung: 4 000 Soldaten!), aber dieselben Soldaten selbstverständlich nach Österreich geholt werden, wenn es darum geht, in Galtür die Bevölkerung zu evakuieren, weil das österreichische Bundesheer dazu nicht in der Lage ist, dann ist das widersinnig und beschämend, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es stimmt, Herr Kollege Schieder – ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, und wir werden dem noch nachgehen –, dass selbst diese Aktion in Galtür zur Neutralitätsfrage gemacht wurde, weil dazu NATO-Hubschrauber nach Österreich hereingelassen wurden, und dass dieser Einsatz dadurch um Stunden verzögert wurde, dann, meine Damen und Herren, sollten Sie, alle diese Neutralitätsverteidiger, sich einmal überlegen, was Sie damit auch zu verantworten haben!

Meine Damen und Herren, noch einmal: Wir sind dafür, dass offen und ehrlich über die Sicherheitspolitik Österreichs nachgedacht und diskutiert wird und dass die Bevölkerung in diese Prozesse mit eingebunden wird. Aber ich sage Ihnen ganz offen: Dazu brauchen wir keine grünen Ratgeber. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wir stehen auf dem Boden der Verfassung – Artikel 23f, Herr Kollege Schieder, sagt alles, da sind wir voll dafür. Aber wir wollen endlich eine ehrliche Politik und nicht den Missbrauch der Sicherheitspolitik für irgendwelche wahltaktischen Maßnahmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.01

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir haben auch in der letzten Leigislaturperiode sehr kontroversiell zum Thema Sicherheitspolitik diskutiert, aber wir waren alle davon getragen, die Sicherheit Österreichs ins Zentrum zu stellen. Heute wird zum ersten Mal mit persönlichen Diffamierungen und Unterstellungen gearbeitet. Meine Damen und Herren, das ist für eine Außen- und Sicherheitspolitik – und ich würde meinen: für eine Debatte im Hohen Haus ganz generell – nicht würdig. Ich verwahre mich namens meiner Fraktion ganz eindeutig dagegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade die Außen- und Sicherheitspolitik muss immer von einer breiten Mehrheit in diesem Land getragen sein, weil es da um Grundfragen des Staates geht, die wir auch zu entscheiden haben. Wenn ich den Dringlichen Antrag der Grünen lese, dann spüre ich eine gewisse Sehnsucht nach guten alten Zeiten der siebziger und achtziger Jahre (Abg. Dr. Lichtenberger: Nach besseren neuen Zeiten ist die Sehnsucht, nach besseren neuen Zeiten!), als Sie in der Vermittlerrolle Österreichs im Kalten Krieg, in der aktiven Neutralitätspolitik einen besonderen Ansatzpunkt Österreichs gesehen haben. Es ist legitim, dass Sie das so sehen. Ihre Friedensbewegung, die Sie auch mit initiiert haben, war damals besonders aktiv.

Ich erinnere mich weniger gern an diese Zeiten, weil in den siebziger und achtziger Jahren unsere Nachbarn unter einer Gewaltherrschaft litten und persönlich in Unfreiheit leben mussten, meine Damen und Herren, und weil wir als Österreicher zwischen zwei Militärblöcken eingezwängt waren und jede Art von Konfrontation in Europa uns in eine Mitleidenschaft gezogen hätte, die wir alle uns nicht vorstellen wollen. Darum ist, glaube ich, eine Restituierung dieser Neutralitätspolitik von damals in die heutige Zeit weder sinnvoll noch notwendig. Ich meine, wir alle können froh sein, dass wir in einem Jahr 2000 leben, in dem es Freiheit auf diesem Kontinent gibt und in dem die Integration vor einer Konfrontation steht. Wir zumindest stehen sehr dazu und freuen uns darüber, dass diese Entwicklung eingetreten ist.

Nunmehr stehen wir an einer gewissen Weggabelung, und die Grünen versuchen, uns einen Weg vorzuzeigen, in dem diese alte Neutralitätspolitik – ich würde fast sagen: die Neutralität des Jahres 1955, damals als eine Antwort auf die Konfrontationsstellung zwischen Ost und West – wieder neu belebt wird. Sie geben uns hier Mittel vor, die ich als solche nicht anerkennen kann.


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