Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 119

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

die uns alle vor neue Entscheidungen stellen wird, durch viele tiefgehende Diskussionen auch einen solchen breiten politischen Konsens herbeizuführen.

Der dritte Punkt ist selbstverständlich auch, dass wir die Kontinuität unserer eigenen Sicherheitspolitik im Auge haben. Ich appelliere daher auch an die Sozialdemokraten, dass man die sicherheitspolitische Vernunft nicht mit dem Gipfel in Helsinki aufhören lassen kann, weil man nicht mehr einer Regierung angehört, sondern dass man diesen Weg konsequent weitergeht und sagt: Wir öffnen uns für ein europäisches Sicherheitssystem, wir tragen diese Solidarität, die im Grundgedanken eines solchen europäischen Sicherheitssystems als tragende Säule verankert sein soll, mit, und wir entwickeln in vielen Gesprächen eine Vorgehensweise, wie wir uns dem Schritt für Schritt annähern können.

Meine Conclusio: Die Versteinerung der Neutralität des Jahres 1955 wird uns nicht voranbringen. Was uns voranbringen wird, ist eine neue Qualität der Integration und nicht der Isolation. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

16.10

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Mein Vorredner, Herr Abgeordneter Spindelegger, hat zum Schluss soeben etwas sehr Richtiges gesagt, nämlich dass es nicht darum geht, die Neutralität zu versteinern. Ich hoffe nicht, dass Sie tatsächlich glauben, dass wir das wollen.

Die Neutralität des Jahres 1955 ist eine, die in unserer Verfassung verankert ist, und dort soll sie auch bleiben. Aber uns ist sehr wohl klar, dass es heute, nach einem Kalten Krieg, einer Neudefinition dieser Neutralität bedarf. Das ist ja auch das, was unser Antrag enthält. Es geht darum, heute zu sagen, was wir im Rahmen von Konfliktprävention tun können, im Bereich dessen, was notwendig ist, um rechtzeitig – bevor es überhaupt zu Konflikten kommt – eingreifen zu können und um auf politischer, auf diplomatischer Ebene rechtzeitig etwas zu tun. Aber diesbezüglich sind in den letzten Jahren große Chancen vertan worden.

Um jetzt zum Antrag im Detail zu kommen: Die Volksbefragung über die Neutralität, die wir hier heute fordern, fordern wir deshalb, weil es uns im derzeitigen Zustand unserer Republik notwendig erscheint, eine politische Willensbildung auch dieses Hohen Hauses, dieses österreichischen Parlaments, dieser österreichischen Volksvertretung einzufordern. Denn viele sagen, dass wir die Neutralität jetzt nicht mehr brauchen, und es heißt: Wir haben die EU oder die WEU, die NATO, die Partnerschaft für den Frieden, und wir werden eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union haben.

Mir ist dazu etwas eingefallen. Diese Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik heißt abgekürzt GASP. Diejenigen von Ihnen, die Englisch verstehen, wissen, dass das, wenn man "gasp" sagt, so etwas heißt wie: Es bleibt einem der Mund offen stehen, man bekommt keine Luft mehr, und man weiß nicht, wie es geht. (Abg. Schieder: Nur, die englische Abkürzung ist eine andere! Das ist die deutsche Abkürzung!) Das weiß ich schon, Herr Kollege, das ist mir klar. Aber wir verwenden dieses Wort, und viele Leute bei uns verstehen auch Englisch, deswegen ist mir das eingefallen.

Das ist nämlich genau das, was jetzt in der österreichischen Bevölkerung geschieht. Sie schaut zu, und ihr bleibt der Mund offen stehen, wenn sie sieht, was mit dieser Neutralität in den letzten Jahren in Form einer Salamitaktik geschehen ist. Wir wollen jetzt, hier und heute, einen politischen Willensausdruck dieses Hohen Hauses. Denn es genügt uns nicht, Herr Klubobmann Kostelka – er ist, glaube ich, gerade nicht da; oder doch; gut –, wenn Sie sagen: Sie appellieren, dass die österreichische Bundesregierung in Nizza genau das tun wird, was eben laut österreichischer Verfassung ... und so weiter. Dieser Appell ist uns zu wenig in einer Situation, in der wir keine Bundesregierung haben und auch nicht wissen, ob wir, wenn diese EU-Regierungskonferenz in einem Monat, im Februar, beginnen wird, schon eine Regierung haben werden.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite