Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 123

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Und das Vorbild Schweiz, das Schweizer Modell, hat auch nicht das geheißen, was Sie gesagt haben, Herr Kollege, sondern nach Vorbild der Schweiz bedeutet – das ist bei Stourzh und in den Unterlagen von Dulles, die im Anhang zu Stourzh angeführt sind, nachzulesen –, dass die Neutralität eine frei gewählte und nicht aufgezwungen ist. Der Begriff "Vorbild der Schweiz" beschreibt also nicht die Art und Weise, wie sie durchzuführen ist, sondern die Art und Weise, wie sie entstanden ist, nämlich dass ein Land sie sich aussucht, sie einem Land nicht aufgezwungen wird. (Abg. Scheibner: Sie sollten die Originalunterlagen nehmen, nicht die Interpretation!)  – Wenn Sie schon mit der Neutralität in ihrer heutigen Form Schwierigkeiten haben, so achten Sie darauf, dass Sie nicht auch Schwierigkeiten mit Ihrer Geschichte haben, meine Herren. (Abg. Scheibner: Ich gebe Ihnen die Originalunterlagen!)

Für uns ist klar: Die Sozialdemokratie war in ihrer Geschichte, war in den Regierungsverhandlungen und ist auch jetzt dafür, dass es keinen Beitritt zu einem Militärbündnis, keinen Beitritt zur NATO gibt, und dass die Neutralität bestehen bleibt! Sollte sich aber die Welt oder Europa einmal wie ein Neutraler verhalten, dann wird unsere Neutralität ihren Sinn verloren haben. Aber das ist dann ein erfreulicher Tag für uns! (Beifall bei der SPÖ.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.28

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Kollege Schieder, jetzt haben Sie mich aber schon schwer enttäuscht. Sie sind doch sonst wirklich ein profunder Kenner der Angelegenheiten, über die Sie reden, jetzt aber haben Sie den Artikel 5 des NATO-Vertrages zitiert, und Sie wissen ganz genau – ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie es nicht wissen –, dass es in der NATO eben keine Beistandsautomatik in dem Sinn, wie Sie es gerade vorgebracht haben, gibt – ganz im Gegensatz zum WEU-Vertrag! (Abg. Schieder: Aber die Verpflichtung!)  – Eben! Die Automatik wäre eine Verpflichtung, die es aber in dieser Form leider nicht gibt! Deswegen würde auch der WEU-Bereich den kleineren Ländern eine höhere Sicherheit bieten. Das wissen Sie ganz genau, Herr Kollege Schieder.

Weniger bestürzt, sondern besorgt war ich schon um den Kollegen Pilz, den sein eigenes Thema bereits zu langweilen beginnt, denn er gähnt. (Abg. Dr. Pilz: Nur wegen Ihrer Rede!) Er war sehr still in diesem Hohen Haus in der letzten Zeit. Ich habe schon geglaubt, er hat sich geändert. Aber nach der Vorstellung, die er heute geliefert hat, sieht man, dass er hart um die Position des Aufdeckers im Klub kämpft, die ihm ja mittlerweile von zwei anderen streitig gemacht wird. Wir werden in nächster Zeit wahrscheinlich noch einige solcher Vorstellungen hier im Hohen Hause in dieser Art und Weise erleben.

Herr Kollege Pilz! Sie haben im Zusammenhang mit dem Jugoslawien-Krieg den militärischen Einsatz gefordert, eine aus meiner Sicht durchaus legitime Forderung, die auch der deutsche Grüne Joschka Fischer – nur in noch etwas schärferer Form, denn er war überhaupt gleich fürs Bombardieren! – erhoben hat.

Heute sagen Sie: Glauben Sie, ein paar Panzer hätten etwas geändert? – Jetzt frage ich Sie wirklich, Herr Kollege: Haben Sie Ihre Meinung so schnell geändert, ist eine höhere Einsicht über Sie gekommen, hat sich die Taube des Heiligen Geistes mit der Erleuchtung auf Sie herabgesenkt? Oder wissen Sie einfach nicht, was Sie wollen? Sie sagen einmal dies, einmal das – was für die Argumentation draußen oder hier im Hohen Haus gerade genehmer ist. Jemandem, der so in der Argumentation herumspringt, möchte ich aber nicht die Verantwortung für die österreichische Sicherheitspolitik überlassen!

Das Gleiche gilt für Frau Kollegin Petrovic mit ihrer klassischen Worthülse vom – wie hat sie gesagt? – "defensiven Gewalteinsatz". – Frau Kollegin Petrovic – ach, sie ist nicht mehr anwesend –, was ist denn defensiver Gewalteinsatz? Wissen Sie, was das ist? – Das ist Selbstverstümmelung! Glauben Sie, Selbstverstümmelung kann das Ziel der österreichischen Sicherheitspolitik sein? Das ist doch geradezu lächerlich und nichts anderes! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sie sind ein Militär?)  – Ja, ich bin Soldat von Beruf, richtig!


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