Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 17

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erwarten. Ein notorischer Neutralitätsaushöhler ist aus meiner Sicht als Dritter Präsident in diesem Haus für mich nicht akzeptabel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte aber noch auf einen anderen Aspekt eingehen. Es haben sich viele gefragt, warum Herr Kollege Khol jetzt plötzlich nicht mehr als Präsident des Nationalrates akzeptabel ist. (Abg. Gaugg: Bitte zwei Sätze zu Petrovic!) Irgendwo kann man in den Prozessen der letzten Wochen die Gründe dafür schon recht deutlich ablesen.

Khol durfte zuerst nicht Innenminister werden – das konnte man ganz deutlich feststellen –, weil ein mächtiger Landeshäuptling sich dagegen ausgesprochen hat. Das Innenministerium ist eine Erbpacht Niederösterreichs, und deswegen darf da auch kein Tiroler hin. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum soll ich die Petrovic wählen?) Jetzt soll auch noch das Präsidium des Nationalrates zum "Parkplatz" von St. Pölten werden, weil man für den scheidenden Verteidigungsminister – das Ministerium überlässt man ja jetzt jemand anderem – einen Platzhalterjob haben wollte, damit Herr Pröll noch besser als bisher weiterhin seine politischen Spielchen im Hintergrund und im Vordergrund in dieser Sache spielen kann. Das ist der Zustand der ÖVP! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Warum beschimpfen Sie die Wähler?)

Aus diesem Grund haben wir uns von Seiten der Grünen entschlossen, Frau Madeleine Petrovic zu nominieren. Und das hat auch einen wichtigen Grund. Dieses Präsidium ist offensichtlich auch nach Ihrem Wunsch, nach Ihrer Meinung ein Männerverein. Sie haben ja sehr ambitionierte Worte zur Rolle der Frau in der Politik, zur Rolle der Frau in der Gesellschaft in Ihrem Koalitionspakt niedergeschrieben. Das hat sich gut gelesen. Aber es war wahrscheinlich keine Niederösterreicherin zur Verfügung, die dem Pröll gut genug war, seine Linie auf dieser Ebene zu vertreten. Also hat man sich wieder einmal einen Mann aussuchen müssen.

Wir stellen eine Frau zur Wahl, und wir stellen vor allem – und das ist mir besonders wichtig – eine überzeugte Parlamentarierin zur Wahl, die bis jetzt noch nie für eine dieser Positionen kandidiert hat, und zwar aus dem Grund, weil sie eine überzeugte, geeichte Parlamentarierin ist, weil sie die Bedeutung des österreichischen Parlaments ernst nimmt und ihm mehr Bedeutung verleihen möchte. Ich glaube, dass heute und hier christlichsoziale Abgeordnete, die sich ihrer Wählerschaft verpflichtet fühlen, ihr Rückgrat wieder aufrichten und gegen die Parteilinie, die ihr ja sicher genauso beschlossen habt wie die Sozialdemokraten, aber für das eigene Gewissen eintreten könnten. (Abg. Dr. Martin Graf: Mit dieser Rede haben Sie nicht einmal die Sozialisten überzeugt!)

Ich rede auch die vom Joch der Parteidisziplin befreiten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an. Sie haben heute auch die Möglichkeit zu zeigen, dass es Usancen gibt, die von der rechten Seite gebrochen werden und oft gebrochen werden. Sie haben sich ja bis jetzt üblicherweise gefesselt gegeben und gebeugt. Heute haben Sie die Möglichkeit zu zeigen, dass es so etwas wie Rückgrat gibt. Und heute haben auch aus dieser Hälfte des Parlaments überzeugte christlichsoziale Abgeordnete, die sich ihren Wählerinnen und Wählern auch im Sinne des Parlamentarismus verpflichtet fühlen, die Möglichkeit zu dokumentieren, dass es mehr gibt als Neutralitätsverräter als Präsidenten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Gisela Wurm. – Bitte.

12.36

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn heute oft von Courtoisie, von Usancen die Rede war, dann, muss ich sagen, stehe auch ich dazu. Ich habe als wackere Tirolerin damals, vor einigen Monaten, den wackeren, furchtlosen Tiroler Andreas Khol in diese Präsidentschaft gewählt. (Abg. Dr. Khol: Danke!) Aber eines ist mir uneinsichtig. Es ist mir uneinsichtig, warum wir jetzt nach einigen Monaten schon wieder wählen sollen, schon wieder einen neuen Präsidenten wählen sollen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Das ist etwas, was ich nicht so akzeptiere, nicht so sehe. Auch einem furchtlosen Tiroler Andreas Khol sage ich, dass es schrecklich ist,


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