Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 33

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19. Wie kommen Sie zur Annahme, dass sich Jacques Chirac und José Aznar von österreichischen Sozialdemokraten steuern lassen?

20. Sie haben den Stil von Jörg Haiders Angriff auf Jacques Chirac kritisiert, ihm in der Sache aber mit den Worten ,Es ist aber was dran. Es soll schon jeder bei sich selbst beginnen‘ recht gegeben. Wo soll der französische Präsident nach Ihrer und Haiders Meinung ,bei sich selbst beginnen‘?

21. Ist es der Titel ,Bundeskanzler‘ wert, dafür die außenpolitische Isolierung Österreichs und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden in Kauf zu nehmen?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 (2) GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung Herrn Abgeordnetem Dr. Van der Bellen als erstem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage nach § 93 der Geschäftsordnung das Wort erteilen, wobei die Redezeit des Begründers einer Dringlichen Anfrage 20 Minuten nicht übersteigen darf.

Herr Professor Van der Bellen, Sie haben das Wort. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Diese Regierung hat etwas Erstaunliches geschafft: Sie hat es geschafft, noch vor ihrer ersten Präsentation im Parlament, hier im Hohen Hause, Österreich vor ein außenpolitisches Scherbengericht beziehungsweise vor einen Scherbenhaufen zu stellen. Das hat bisher keine Regierung dieser Zweiten Republik zustande gebracht! (Beifall bei den Grünen und bei der SPÖ.)

Wir haben seinerzeit, als wir die Sondersitzung verlangt haben, im Auge gehabt, dem Außenminister der Republik Österreich unsere Fragen zu stellen. Es ist sozusagen nicht unsere Schuld, wenn es jetzt gegen den Bundeskanzler der Republik Österreich geht. Aber der Außenminister und jetzige Bundeskanzler ist in erster Linie für diese Isolation Österreichs und für diesen Scherbenhaufen verantwortlich. (Beifall bei den Grünen und bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Als Außenminister hätten Sie wissen müssen, welchen Tabubruch Sie in Europa innerhalb der Europäischen Union begehen, wenn Sie eine Koalition eingehen mit einer Partei, die – ohne Ihnen jetzt nahe treten zu wollen, verehrte Kollegen von den Freiheitlichen – von allen internationalen Medien als "far right party", als "weit außen rechts", als "rechtsextrem", als "rechts außen" oder mit einer ähnlichen Diktion dieser Art bezeichnet wird. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie treten uns überhaupt nicht nahe!)

Diese außenpolitische Dimension, diesen Tabubruch, den sich ausgerechnet Österreich hier leistet, haben Sie völlig unterschätzt, Herr Bundeskanzler! (Abg. Mag. Schweitzer: Sie wissen auch, dass das nicht stimmt!) Österreich ist eben nicht irgendein Land! Vielmehr werden gerade Deutschland und Österreich aufgrund der leidvollen historischen Erfahrungen, die wir gemacht haben, sehr genau beobachtet.

Herr Kollege Schweitzer! Falls Sie meinen, dass es auch in anderen europäischen Staaten Rechtsaußenparteien gibt – die ich zum Teil als viel weiter rechts außen einschätze als Ihre Partei, weil sie zum Beispiel gewaltbereiter sind –, dann sage ich Ihnen: Der Unterschied besteht eben darin, dass Le Pen zwar auf lokaler und regionaler Ebene Erfolge haben mag, die Konservativen allerdings nicht einmal auf regionaler Ebene eine Koalition mit ihm eingehen dürfen, auf nationaler Ebene aber keinesfalls. Und auch der flämische Block ist vielleicht viel schlimmer als die FPÖ, auf nationaler Ebene kommt er jedoch nicht vor. – Und dieser Tabu


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