Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 51

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Biedermeiers und des vorigen Jahrhunderts ist, aber nicht das Bild eines modernen Europas. (Abg. Dr. Fekter: Aber bitte schauen Sie sich doch die Frauen auf der Regierungsbank an!)

Frau Abgeordnete Fekter, ich weiß nicht, ob Sie die europäische Leitlinie 19 im Sozialbereich kennen. In dieser steht: Die Frauenerwerbsbeteiligung ist zu erhöhen. Es ist das kein Ziel dieser Bundesregierung. (Abg. Dr. Fekter: Aber sicher! Lesen Sie doch das Programm! Seite 34 des Koalitionspaketes sagt genau das Gegenteil von dem, was Sie jetzt sagen!) Lippenbekenntnisse zu einem modernen Europa, aber dann das Gegenteil tun, das bezeichne ich als antieuropäisch. Es tut mir Leid für Österreich und die jungen Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Zum Punkt zwei: Bruch von Wahlversprechen. Es gab in diesem Hause oftmals harte Debatten um Belastungspakete, die Grünen haben heftige Kritik geübt, aber in der Regel haben die lautere, die heftigere Kritik die freiheitlichen Abgeordneten geübt. Sie haben jede Anhebung von Gebühren, Steuern, Beiträgen als "Belastungslawine", als "Anschlag", ich weiß nicht was alles bezeichnet, sie haben gerade in Bezug auf die Mobilität im Straßenverkehr immer von "Melkkühen" gesprochen – es war nicht meine Diktion, aber das ist oftmals in diesem Hause gefallen –, und es gab sogar einen Antrag der Freiheitlichen, in dem verlangt wurde, dass, wenn unter Bruch von Wahlversprechen Steuern erhöht werden, das nur möglich sein soll, wenn die Gesetze, mit denen Steuern erhöht werden, einer Volksabstimmung unterzogen werden.

Die Frau Vizekanzlerin ist leider noch immer nicht da, aber ich wüsste gerne, wie Sie es da mit der direkten Demokratie hält oder wie es der Herr Bundeskanzler damit hält. Das waren Anträge Ihres Koalitionspartners hier im Hause – und jetzt: Krankensteuer, Stromsteuer, höherer Vignettenpreis. Also wie schaut es da aus mit der Umsetzung von Versprechen? Machen wir da eine Volksabstimmung, oder vergessen wir diese Anträge? Wie äußern Sie sich denn da dazu?

Ich denke, die Grünen haben unbequeme Wahrheiten immer gesagt. Wir waren immer ganz offen für zwei wesentliche Änderungen im Steuersystem: auf der einen Seite für mehr soziale Gerechtigkeit – und das heißt Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen –, auf der anderen Seite ist Österreich schon lange nicht mehr auf Ebene von europäischen Standards, vor allem nicht im Bereich der Kapital- und Vermögensbesteuerung. Das wäre soziale Gerechtigkeit, dort mehr zu besteuern, wo echter Reichtum, wo echter Luxus ist, zugunsten der kleinen und mittleren Einkommen. Da vermisse ich jeden Akzent in diesem Programm, und ich denke, gerade Parteien, die angetreten sind, die von ihnen so bezeichneten "kleinen" Leute zu entlasten, sollten sich an die Beseitigung dieser großen Ungerechtigkeit machen.

Der zweite wichtige Akzent im Steuersystem, den wir immer verlangt haben, ist eine Ökologisierung – aber aufkommensneutral, das heißt ein Umsteuern. Auch hier: Entlastung vor allem der kleinen und kleinsten Einkommen und stattdessen eine moderate und langsam aufgebaute Energiebesteuerung. – Das, was Sie hier tun, hat mit Ökologisierung des Steuersystems nichts zu tun, sondern ist eine reine Geldbeschaffungsaktion. (Beifall bei den Grünen.)

Damit zu meinem dritten Punkt, zum politischen Klima – ich halte das auch für den wichtigsten Punkt und für jenen Punkt, der im In- und Ausland das größte Interesse hervorruft. Ich will Sie jetzt gar nicht an Dingen messen, die vielleicht sehr lange zurückliegen, wo Sie, Herr Bundeskanzler, vielleicht sagen werden, der Koalitionspartner hat mir zugesagt, es werde jetzt einen neuen Stil, eine neue Politik geben – und das ist ja heute oft beschworen worden –, sondern ich will Sie daran messen, was im Wahlkampf, und zwar von Mitgliedern dieser Bundesregierung oder dieses Hohen Hauses, gesagt und getan wurde, an Taten, die gesetzt wurden, und zwar bis zum gestrigen Tag, bis zum heutigen Tag.

Herr Bundeskanzler! Mir ist nicht bekannt, dass sich nunmehr Mitglieder der Bundesregierung wie der Verteidigungsminister, der neu gewählte Klubobmann des freiheitlichen Parlamentsklubs oder auch die freiheitliche Sicherheitssprecherin in irgendeiner Art und Weise von diesem Pamphlet (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe) distanziert hätten. Das sind Taten, die gesetzt wurden, und das hat so viel an Hass, an Verunsicherung und auch an Ängsten der


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