Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 122

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Medizin leisten kann, dann hört sich für mich der Spaß des freien Marktes auf. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage Ihnen auch – weil Sie sagen, dass es Rationierung nicht gibt –: Diese Rationierung gibt es. Ich kann es Ihnen aufzählen, nur reicht dazu meine Zeit nicht. Die Rationierung geschieht, indem man zwischen somatisch und psychisch Kranken unterscheidet. Sie brauchen sich nur die Verhandlungen über Psychotherapie auf Krankenschein durchzulesen. (Abg. Dr. Pumberger: Sagen Sie das dem Oppositionspartner!)

Ich bin kein Veterinärmediziner; vielleicht sage ich etwas Falsches. Eine Kuh oder ein anderes Tier kann eine Blinddarmentzündung haben, aber Partnerkonflikte, schwere Depressionen, psychisches Leid sind urmenschliche Erkrankungen. Dass nicht das bezahlt wird, was diesen Kranken zusteht, halte ich für skandalös! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen auch ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Wenn Sie statt mir reden wollen, kommen Sie hier heraus! (Abg. Mag. Haupt: ... nach Ihnen, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber ich verschenke meine Zeit nicht für Zwischenrufe, die kaum verständlich sind. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

Ich sage Ihnen: Bei medizinischen Heilbehelfen beträgt der Privatanteil an der Finanzierung oder die Steigerung des privaten Anteils mehr, als die öffentlichen Kosten gestiegen sind. Das ist alles, um es deutlich zu sagen, schmafu, diese Unfinanzierbarkeit! Österreich liegt genau im Mittelfeld Europas, was den Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt betrifft, und, wie gesagt, der private Anteil bei den Heilbehelfen liegt bei 60 Prozent. Heilbehelfe für Behinderte, für spastisch behinderte Kinder nach Geburtstraumen – sie können sich teilweise die Physiotherapie nicht mehr leisten, weil die Eltern sagen: Ich zahle diese Selbstbehalte nicht mehr, ich kann sie nicht mehr zahlen. – Das ist die Wahrheit. (Beifall der Abg. Haidlmayr. )

Ich habe etwas dagegen, aus der Gesundheitspolitik, aus Leben und Tod ein Lottospiel in der Art von "6 aus 45" zu machen. Es gibt wissenschaftliche Publikationen, aus denen hervorgeht, dass Leute mit Tumor-Erkrankungen mehr Chancen haben, wenn sie aus dem oberen Einkommensdrittel kommen. Dann erzählen Sie mir bitte, was das mit dem gleichen, fairen und gerechten Zugang zu Ressourcen zu tun hat. Erklären Sie mir das! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas. Sie lesen vielleicht nur den "Schatz im Silbersee", das mag schon sein. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) Bitte, schauen Sie: Sie müssen Ihre Intelligenz hier nicht mit voller Gewalt vor allem Publikum breittreten, bitte! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Zu Föderalismus und Qualitätskontrolle: Ich sage Ihnen, Föderalismus bedeutet teilweise, dass gute, auch von Ihnen beschlossene gute Bundesgesetze auf dem Weg in die Länder nach unten nivelliert werden auf einen Standard, der mit Qualität wenig zu tun hat. Ich war im Untersuchungsausschuss Freistadt und könnte Ihnen einiges darüber sagen, was Föderalismus bedeutet.

Föderalismus bedeutet, dass die Stellvertreterin des Bundeskanzlers Schüssel, Frau Landesrätin Zanon, ein Gesetz über Privathonorare von Ärzten erlässt, das laut Bundeskanzleramt klar verfassungswidrig ist. Wir haben hineinreklamiert: Bitte, das geht nicht. – Was kommt? – Wenn ihr euch lang aufregt, bekommt ihr ein noch schlechteres. – Auch das ist sozial und soziale Gesinnung. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Sie kann kein Gesetz erlassen, Herr Abgeordneter!) Bitte? – Es ist beschlossen, mit den Stimmen der ÖVP, der Landesregierung, ja, sicher!

Teilkrankenstände – was heißt Teilkrankenstände? – Ein Beispiel: Ich habe einen tumorkranken Patienten gehabt, dem der Tod im Gesicht gestanden ist – ich mache da keine billige Polemik und Schmafu –, der hat drei Aufforderungen bekommen, arbeiten zu gehen. (Abg. Dr. Pumberger: ... kein Arzt!) Bitte? (Abg. Dr. Pumberger: Nur heute!)  – Nur heute. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Ich warte, wenn Sie dran sind. Vielleicht landen diese Kranken dann überhaupt nicht mehr im Krankenhaus. (Rufe und Gegenrufe von SPÖ und Freiheitlichen.)


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