Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 100

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Die Behauptung von Regierungspolitikern der 14 EU-Staaten, dass die Sanktionen nur die Bundesregierung, nicht aber die österreichische Bevölkerung treffen sollen, geht somit an der Realität vorbei. Selbst Erzbischof Kardinal Schönborn bestätigt in einem Interview in ‚La Stampa‘, dass die Sanktionen ‚alle Österreicher ohne Unterschied treffen‚ würden. Die Trennung zwischen einer demokratisch zustande gekommenen Regierung, mit entsprechender parlamentarischer Mehrheit, und dem Staatsvolk ist weder theoretisch nachvollziehbar noch wird sie von der betroffenen österreichischen Bevölkerung so empfunden. Das Unverständnis und die Empörung über dieses Verhalten der EU-14 wächst deshalb bei der österreichischen Bevölkerung. Es gibt keine Handlungen Österreichs die mit europäischen Grundsätzen und Prinzipien in Widerspruch stünden. Hier hat eine ideologische Vorverurteilung Platz gegriffen, die – wie auch der Herr Bundespräsident bei der Eröffnung der EU-Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgeführt hat – unter europäischen Partnern beispiellos ist.

Auch in den anderen europäischen Staaten – bei den Mitgliedern der EU genauso wie bei den Beitrittskandidaten – stoßen die gegen Österreich verfügten Maßnahmen auf immer stärkere Kritik. Die Europa-Idee, auf die sich die Staats- und Regierungschefs der EU-14 immer wieder berufen, hat bei den Bürgern Europas Schaden genommen, da in allen Ländern nun Sorge vor weiteren vergleichbaren Willkürakten unter Umgehung der demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien wächst. So schreibt z. B. die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 14. April d. J.: ‚Das Ansehen der EU hat in vielen Ländern, vor allem auch in jenen, die noch Mitglieder werden wollen, gelitten. Denn nach wie vor bestehen massive Zweifel an den hehren Beweggründen des Kreuzzuges gegen Österreich: Mit der präzedenslosen, die kodifizierten wie auch ungeschriebenen Regeln des Umganges innerhalb der EU missachtenden Einmischung in den demokratischen Willensbildungsprozess eines Mitgliedslandes verletzen die Vierzehn gerade jene europäischen Grundwerte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, die sie angeblich schützen wollen.‘ Und die FAZ schließt mit dem Satz: ‚Wenn die EU nicht schweren Zeiten entgegengehen will, muss sie die Sanktionen gegen Österreich aufheben.‘

Leider ist es bisher noch nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen aller politischen Kräfte Österreichs gegen diese Sanktionen gekommen. In anderen Ländern hat sich immer wieder bestätigt, dass sich ein gemeinsames Vorgehen aller Parteien gerade bei außenpolitischen Schwierigkeiten bewährt. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise an Italien erinnert, wo von allen Parteien umgehend jüngste Aussagen des deutschen Bundeskanzlers als Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten scharf zurückgewiesen wurden, oder auch an Dänemark, wo unterdessen in einer anderen Form des ‚Schulterschlusses‘ alle Parteien übereinstimmen, dass die Maßnahmen der 14 europäischen Staaten unbedacht und kontraproduktiv sind und daher zurückgenommen werden sollten.

Auf Grund jüngster Aussagen von SPÖ-Politikern ist nun zu hoffen, dass auch in Österreich alle Parlamentsparteien gemeinsam mit der Bundesregierung gegen diese absurde Situation auftreten, die von den EU-14 geschaffen wurde. Dies wäre ein unüberhörbares Signal für Europa und die übrige Welt, dass Österreich nach den harten politischen Diskussionen der letzten Monate, die als Ausdruck der Lebendigkeit unserer Demokratie gewertet werden können, wieder Einmütigkeit zeigt, wenn es um die Überwindung der Diskriminierung Österreichs und seinen angestammten Platz in der europäischen Völkerfamilie geht.

Zum Zwecke eines gemeinsamen Vorgehens aller Parlamentsparteien

zur Wahrung des Ansehens Österreichs,

zur Beseitigung der Diskriminierung unseres Landes,

in Würdigung der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundwerte Europas und

im Interesse der weiteren europäischen Integration

stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR folgenden


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