Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 102

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Und es kann doch jeder in diesem Hohen Haus, der ein Vertreter oder eine Vertreterin des österreichischen Volkes ist, nur ja sagen, wenn wir den Standpunkt vertreten, dass es ein derartiges Feme-Verfahren, wie es gegen uns angewandt wurde, in Zukunft nicht mehr geben soll! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man wird mit Recht fragen: Was ist denn "dringlich"? Wir haben diesen Schulterschluss, wir haben diesen rot-weiß-roten Konsens doch bereits die längste Zeit besprochen! Warum kommen die beiden Parteien, die Freiheitlichen und die Volkspartei, heute wieder? – Meine Damen und Herren! Solange diese Sanktionen bestehen, so lange ist diese Frage dringlich, und wir werden dieses Hohe Haus immer wieder zu Hilfe rufen, damit diese Diskriminierung endlich beendet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Warum befassen wir heute den Nationalrat damit, im April? – Im Monat Mai finden die Vorbereitungshandlungen für den nächsten großen europäischen Gipfel in Porto statt. Es tagen die Partei-Internationalen, die eine Bedeutung haben. Ein einstimmiger Beschluss dieses Hauses wäre ganz wesentlich, um noch jene Staaten zu überzeugen, die noch nicht davon überzeugt sind, dass diese Maßnahmen schlecht, vertragswidrig und ungerecht sind. Ein einstimmiger Beschluss – und ich appelliere da an die Grünen und an die Sozialdemokraten – würde ein wesentlicher Beitrag dazu sein, diese Sanktionen zu beenden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

75 Prozent aller Österreicher – 75 Prozent aller Österreicher! – empfinden diese Maßnahmen als ungerecht und wollen sie so schnell wie möglich beendet sehen. Selbst die Hälfte der Wähler der Oppositionsparteien empfinden so wie fast 100 Prozent jener der Regierungsparteien. Ich bitte daher – ich sage es ganz bewusst – die Grünen und die Sozialdemokraten: Vergessen Sie parteitaktische Überlegungen, seien Sie Volksvertreterinnen und Volksvertreter, und nehmen Sie diesen Dringlichen Antrag an!

Ich bitte Alfred Gusenbauer (Abg. Schwarzenberger: Der ist nicht da!) und Alexander Van der Bellen, die sich selbst als Patrioten bezeichnen – und ich spreche Ihnen das nicht ab –, als Patrioten zu handeln und diesen Dringlichen Antrag zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Annahme dieses Dringlichen Antrages – ich sage das, damit auch da kein Missverständnis entsteht – empfinden wir keineswegs als einen Blankoscheck oder als eine Unterstützung für jene Reformvorhaben unserer Regierung, die die Grünen und die Sozialdemokraten vielleicht ablehnen. Keineswegs! Es ist keine Anerkennung des Regierungsprogramms! Nein, es ist ein Versammeln hinter dem Anliegen des österreichischen Volkes, dass man ihm mit Achtung entgegenkommt, dass man ihm mit Respekt entgegenkommt, und es wäre ein Versammeln hinter der Gerechtigkeit, und um diese Gerechtigkeit bitte ich Sie und Ihre Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Maßnahmen sind ein Schaden für unser Volk, die Bevölkerung leidet darunter. Wir könnten ein ganzes Kompendium füllen mit der Aufzählung von ungerechten Behandlungen unserer Wissenschaftler, unserer Jugend, unserer Vertreter, unserer Diplomaten im Ausland, unserer öffentlich Bediensteten, unserer Minister.

Aber auch andere, meine Damen und Herren, haben festgestellt, dass diese Maßnahmen einen schweren Schaden für das europäische Einigungswerk bedeuten. Seit ich politisch tätig bin – eigentlich schon viel früher –, bin ich ein überzeugter europäischer Föderalist. Schon als Hochschulassistent bin ich zusammen mit meinem verehrten Lehrer Professor Ermacora für einen europäischen Bundesstaat eingetreten. Für mich ist es ein Tiefschlag, was in diesem Zusammenhang vorgeblich – vorgeblich! –, um eine europäische Wertegemeinschaft zu sichern, dem europäischen Einigungswerk angetan wird.

Ich zitiere mich nicht selbst, sondern aus dem Beitrag von Berthold Kohler in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", der im Hauptleitartikel am 14. April schrieb:


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