Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 105

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Eine weitere Bemerkung: Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben in der "Kleinen Zeitung" vom 13. April wörtlich über unsere Regierung gesagt, die Regierung schlage einen absolut autoritären Kurs ein, und zwar nicht nur im Sozialbereich, sondern auch im Demokratiebereich. Ich habe Ihnen daraufhin noch am 13. April einen Brief geschrieben und Sie gebeten, sich davon zu distanzieren, weil ein autoritärer Kurs ein Verfassungsbruch wäre. Sie haben sich wahrscheinlich um viele andere Dinge kümmern müssen. Ich habe auf diesen Brief bis heute keine Antwort erhalten. Ich wäre für eine Antwort von diesem Rednerpult aus dankbar.

Schließlich darf ich Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer – damit Sie sehen, wie flüchtig die Zeit ist – aus Ihrer Dissertation noch etwas vorlesen, was mir eingefallen ist, als ich von den "braunen Flecken" und Ihre Bemerkungen zu Bruno Kreisky gehört habe. Sie schrieben in dieser Ihrer Dissertation im Jahre 1987 wörtlich:

Ich widme diese Arbeit jenem Politiker, der wie kein Zweiter die Geschichte der Zweiten Republik geprägt hat und der heute den erbärmlichsten Anwürfen kleiner Geister ausgesetzt ist: Bruno Kreisky. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Abgabe einer Erklärung hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Es wird Sie nicht überraschen, dass ich namens der Bundesregierung ausdrücklich die Absicht der beiden Fraktionen begrüße, die Regierungsarbeit aktiv zu unterstützen und uns heute mittels eines Dringlichen Antrages Rückendeckung zu geben, von den Vierzehn die Aufhebung der Sanktionen zu verlangen. Ich finde, dass dieser Antrag auch sehr ausgewogen und klug formuliert ist. In diesem Antrag steht: Wir laden Sie ein. Österreich bekennt sich zur Europäischen Union, Österreich fordert ein Ende der ungerechten Sanktionen, und Österreich wird ein rechtsstaatlich geordnetes Verfahren vorschlagen, damit man in Zukunft bei der Verhängung von Sanktionen nicht mehr auf Willkür oder auf politische Beliebigkeit angewiesen ist. – Wer könnte das ablehnen?, schreibt heute ein Kommentator der "Salzburger Nachrichten", und ich stimme ihm zu und stelle ebenfalls die Frage: Wer kann einen solchen Antrag ablehnen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Wesentlichen geht es hierbei um eine staatspolitisch notwendige gemeinsame Erklärung, die wir heute den 14 Partnern in Europa senden können. Ich finde, es geht längst nicht mehr nur um Österreich – natürlich vorrangig für uns, das ist klar; es regt uns vor allem deswegen auf, weil wir mit unserem Land leiden und weil wir uns mit dem Schicksal unseres Landes und auch mit der Politik unseres Landes in besonderer Weise identifizieren –, sondern es geht heute um viel mehr, es geht auch bereits um Europa.

Jemand, den ich sehr gut kenne und sehr schätze, der vor wenigen Tagen zur Bundesvorsitzenden der CDU gewählt wurde, Angela Merkel, hat dies in ihrer bemerkenswerten Rede vor dem CDU-Parteitag auch zum Ausdruck gebracht. Sie sagte – ich zitiere –:

Für mich ist sonnenklar, wenn die Staaten der Europäischen Union, ihre Staats- und Regierungschefs einen Weg weiterbeschreiten, wie sie ihn gegenüber Österreich in den letzten Wochen und Monaten gefahren haben, wird das Europa der Zukunft nicht ein Europa der Bürger sein. – Zitatende.

Das ist, meine Damen und Herren, der Grund, warum in vielen Parlamenten, vor allem in jenen kleinerer Länder, beinahe so etwas wie ein nationaler Konsens entstanden ist, dass man so ein Europa, das zentralistisch, ohne rechtsstaatliche Basis und ohne demokratisches Verfahren vorgeht, nicht will. Deswegen geht es nicht nur um uns, sondern es geht auch um Europa! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben vor fast drei Monaten unsere Arbeit angetreten. Ich brauche hier nicht über die Umstände zu reden, es war sehr schwierig, das kann sich jeder vorstellen. Wir haben in diesen drei


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