Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 107

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Kritikern in Europa kann eine derartige rechtliche Situation vorweisen?! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Unterschied zum österreichischen Verfassungsgerichtshof haben wenige europäische Höchstgerichte die Möglichkeit, umfassende Kompetenz über sämtliche Verwaltungsakte, Gesetze, Verordnungen, Einzelentscheidungen von Verwaltungsbehörden zu haben, die alle Fragen – auch die besonders sensiblen – aller Formen von Diskriminierung mitumfassen. Das wissen nur wenige. Vielleicht wäre es aber auch ganz günstig, sich einmal der Mühe zu unterziehen, nachzuschauen, was in diesem kleinen Land im Herzen Europas wirklich los ist, und Urteile anstelle von Vorurteilen zu setzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ganz wichtig ist übrigens, dass 90 Prozent der Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs auf Initiativen von Einzelpersonen zurückgehen – sehr häufig von ausländischen Mitbürgern, die sich in irgend einer Weise diskriminiert fühlen und daher direkt zum Verfassungsgerichtshof gehen können. Das ist ein Rechtsbestand, auf den wir stolz sein können und den uns manche europäische Länder erst nachmachen sollen!

Ich sage das hier, weil es nicht selbstverständlich, aber wichtig für uns ist: Österreich kennt – von Einzeltätern abgesehen – keine gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer oder Minderheiten. So lange wir atmen können, solange werden wir alles tun, damit dieses Niveau an Sicherheit für In- und Ausländer auch weiterhin gewahrt bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiß denn die Präsidentin des Europäischen Parlaments – das sage ich schon sehr deutlich und nachdrücklich – nicht, was im eigenen Bericht des Europäischen Parlaments steht? – Danach steht Österreich in Bezug auf Fragen der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit im Spitzenfeld europäischer Länder. Das hätte ich gerne einmal von meiner, von unserer Präsidentin des Europäischen Parlaments gehört und nicht Vorverurteilungen gegen Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich war und ist ein aufnahmebereites Mitgliedsland für Flüchtlinge und Asylanten. 1956 haben wir über 200 000 Flüchtlinge aus Ungarn aufgenommen und 1968 10 000 Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei. Wir waren Transitland für 367 000 Juden aus der Sowjetunion, und in den neunziger Jahren kamen Hunderttausende von Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Wir brauchen uns mit unserem Ausländeranteil nicht zu verstecken. Wir haben 9,2 Prozent Ausländeranteil in Österreich. Wien hat mit über 17 Prozent legalen Ausländern aus Nicht-EU-Ländern einen weitaus höheren Anteil als die meisten europäischen Metropolen. Wer es nicht weiß, der soll sich informieren, wer sich aber nicht einmal informieren will, der soll uns bitte nicht vorverurteilen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Maßnahmen oder Sanktionen – ich nenne sie Sanktionen, weil ich die Dinge nicht verharmlosen will – der EU-14 sind unerhört. Sie haben noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg gegen ein europäisches Land in dieser Form gewirkt. Es gibt keine bilateralen Besuche zwischen österreichischen Regierungsmitgliedern und den anderen14 EU-Ländern. Ist das wirklich angebracht? Ist es kein Problem, dass ein Vertreter Russlands in Downingstreet 10 ein- und ausgehen kann! – Ich habe keine Chance dazu. Ist es ein Problem, einem österreichischen Minister die Hand zu schütteln, und bei Ministern anderer Länder, die in der Demokratieentwicklungsskala weit hinter Österreich liegen, ist es kein Problem? Ist das die ethische Außenpolitik im bilateralen Bereich, die sich manche der anderen 14 EU-Länder tatsächlich vorgenommen haben? – Da sind große Fragezeichen angebracht, meine Damen und Herren!

Ich sage das hier in aller Schärfe, denn diese Sanktionen treffen uns alle. Sie treffen uns als Minister, sie treffen aber auch die Bürger, und sie treffen damit ein ganzes Land. Man kann nicht zwischen einer letztlich über eine demokratische Wahl zustande gekommenen Regierung und einem Volk, das diese Parteien gewählt hat, unterscheiden. Das geht in der Demokratie nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite