Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 108

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Bis zur Stunde sind 33 uns bekannte gemeinsame Kultur- und Wissenschaftsveranstaltungen abgesagt worden. Gestern ist mir eine besonders absurde Absage auf den Tisch geflattert: Es ist ein gemischtes europäisches Orchester, in dem einige Österreicher dabei sind, ausgeladen worden, mit der Begründung, weil Österreicher dabei sind. Spanien war es. Ich muss ehrlich sagen: Irgendwo fragt man sich, wo denn da der gemeinsame Wertekanon sein soll, auf den wir uns ständig beziehen.

Sechs SOKRATES-Programme sind abgesagt worden. Sogar gemeinsame Archäologieprogramme sind von der Absage bedroht. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Abgeordneten von der sozialistischen Partei freuen sich noch! Die freuen sich!) Wir haben im wirtschaftlichen und im Tourismusbereich die Konsequenzen daraus zu tragen. Diese sind zwar nicht weltbewegend, aber ich sage auch dazu ganz offen: Wie kommt denn ein kleiner Hotelier oder ein kleiner Wirtschaftstreibender dazu, dass er sich überhaupt mit diesen Fragen auseinander setzen soll? – Das sollen jene wissen, die immer den Eindruck erwecken wollen, die Sanktionen träfen ja nicht das Volk, sondern sie träfen nur die wahrhaft Schuldigen, nämlich die Regierung. Das ist eine der Legenden, die man nachhaltig zerstören und zurückweisen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreichische Experten sind aus Führungspositionen im Europarat abgewählt worden. Es sitzen hier viele, die wissen, wie im Europarat eigentlich gearbeitet wird. Es ist doch eine Schande, dass ein Experte deswegen, weil er Österreicher ist, in Hinkunft nicht mehr der Doping-Kommission als Vizepräsident vorsitzen kann. Wo war da der Aufschrei, der auch hörbar wird innerhalb der EU-14 und der vor allem bis zu den Regierungschefs, die letztlich für all diese Maßnahmen verantwortlich sind, hinaufgeht?

Ich sage auch ganz offen: Empörend waren meiner Auffassung nach auch die Vorkommnisse anlässlich der Eröffnung der Beobachtungsstelle der Europäischen Union gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Man muss diese Dinge, diese Titel beinahe schon unter Anführungszeichen setzen. Ich fand als derjenige, der gekämpft hat, dass diese EU-Stelle überhaupt nach Wien kommt, die Art und Weise empörend, wie man dort mit einer österreichischen Ministerin umgegangen ist. Eigentlich – das muss ich offen sagen – hätte ich mir angesichts dieser Vorgangsweise einen gemeinsamen Aufschrei aller Österreicher erwartet. Ich hätte mir gewünscht, dass die Präsidentin des Europaparlaments etwas dazu sagt. Ich hätte mir auch mehr als vornehmes Schweigen von der Europäischen Kommission erwartet, denn immerhin werden diese Dinge auch aus Gemeinschaftsmitteln finanziert.

Wie objektiv kann denn eine solche Beobachtungsstelle sein, wenn sie die einfachsten Gesetze der Höflichkeit, des Gastrechts, aber auch der Prinzipien, auf die wir uns ständig berufen, missachtet? Ich sage das hier sehr deutlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die jüngsten Vorkommnisse – ich wurde gerade davon informiert – kommen wiederum aus Paris und betreffen wiederum den österreichischen Botschafter. Sie erinnern sich, das französische Parlament, die Nationalversammlung hat zu einer Vorbereitungssitzung für die französische EU-Präsidentschaft alle eingeladen, mit einer Ausnahme: Der österreichische Botschafter wurde explizit ausgeladen. Daraufhin kam nach Protesten unsererseits eine Beruhigung vom Außenministerium, vom Quai d’Orsay, das werde abgestellt, Österreich werde voll informiert. Das seien eben die Parlamentarier, aber man werde sich bemühen, das abzustellen.

Heute bekam ich eine Information vom österreichischen Botschafter Ceska. Heute, am 26. April, gibt es in der Nationalversammlung eine weitere Veranstaltung, ein Kolloquium über – ausgerechnet – die Europäische Grundrechtscharta. Alle sind eingeladen, die Minister Guigou und Moskovici reden, alle EU-Botschafter, alle Botschafter der Kandidatenländer sind eingeladen, der österreichische Botschafter wurde explizit nicht eingeladen. (Abg. Großruck: Das ist ein Skandal! Pfui!) In einem Monat gibt es eine weitere Veranstaltung zum Thema "soziale Standards". Sozialministerin Aubry nimmt daran teil. Wiederum ist Österreich explizit nicht eingeladen. Und am 7. Juni wird es zum Thema "Sport" mit den Ministern Buffet und Moskovici Gespräche geben. – Wiederum ist Österreich nicht erwünscht.


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